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Dr. Jörn Quitzau (Berenberg): Auswirkungen eines Energie-Embargos

29.03.2022 -

Energie-Embargo: Auswirkungen umstritten

Die Energieversorgung Deutschlands beherrscht die Schlagzeilen. Ein Energie-Embargo gegen Russland wird als weiteres Mittel diskutiert. Zudem besteht die Gefahr, dass Putin seinerseits die Öl- und Gaslieferungen einstellt oder reduziert, denn die Importländer (darunter Deutschland) haben Putins Forderung, Gas- und Öllieferungen in Rubel zu bezahlen, abgelehnt.

Welche wirtschaftlichen Folgen hätte ein Embargo bzw. Lieferstopp für Deutschland? Die Einschätzungen darüber gehen weit auseinander. Einige modelltheoretische Analysen kommen zu moderaten konjunkturellen Rückschlägen - die zu erwartenden Einbrüche lägen demzufolge unterhalb der schweren Rezessionen während der Finanzkrise und der Corona-Pandemie. Andere Simulationen kommen zu negativeren Auswirkungen. In Regierungskreisen werden scharfe wirtschaftliche Rückschläge mit Massenarbeitslosigkeit befürchtet. Hier gilt allerdings zu berücksichtigen, dass einem kurzfristigen Einbruch der Wirtschaftstätigkeit mit dem bewährten Konzept der Kurzarbeit entgegengewirkt werden könnte. Auch in Teilen der Wirtschaft sind die Erwartungen wesentlich düsterer als es die makroökonomischen Modelle zum Ausdruck bringen. So zeigen Umfragen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), dass 69 % der befragten Unternehmen große oder sehr große Belastungen wegen erhöhter Energiepreise befürchten und 34 % wegen ausfallender Gaslieferungen (Umfragezeitraum: 5.-11.03.). Die längerfristigen Effekte scheinen dagegen verkraftbar zu sein. Simulationsrechnungen zeigen, dass es für die sanktionierenden Länder auf längere Sicht möglich ist, sich von russischen Rohstofflieferungen zu lösen. Russlands Wirtschaft hingegen würde deutlich leiden.

Auf den nächsten Folien folgt eine Übersicht über einige Simulationsrechnungen. Die Ungewissheiten angesichts fehlender historischer Beispiele sind außergewöhnlich hoch. Vgl. auch Dr. Holger Schmieding: Sanktionen gegen Putin aus wirtschaftlicher Sicht.

Energie-Embargo: Konjunkturelle Effekte

Eine Ökonomen-Gruppe (Bachmann et al.) hat die kurzfristigen wirtschaftlichen Folgen eines Import-Stopps russischer Energie für Deutschland analysiert:

  • Öl- und Kohleimporte ließen sich relativ leicht durch Importe aus anderen Ländern ersetzen. Bei Gas sei die Lage erheblich komplizierter. Selbst bei umfangreichen Substitutionsmaßnahmen (z.B. mehr Importe aus anderen Ländern, mehr Stromerzeugung durch Kohle und Kernenergie) bliebe nach 12 Monaten eine große Versorgungslücke: 30 % des Gasverbrauchs und 8 % des gesamten Energieverbrauchs.
  • Den Berechnungen zufolge wäre kurzfristig ein Rückgang des BIP in Höhe von 0,5 bis 3 % zu erwarten. Voraussetzung sei, dass die Maßnahmen geld- und finanzpolitisch flankiert werden. Auch sozialpolitisch müssten die aus dem Embargo resultierenden Preissteigerungen abgefedert werden.

Das IMK (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung) kommt in seiner neuen Konjunkturprognose zu negativeren Ergebnissen: In einem Risikoszenario mit Energie-Embargo würde die Wirtschaft mehr als 6 % gegenüber dem Konjunktur-Hauptszenario einbüßen.

Beide Gruppen weisen auf die erheblichen Ungewissheiten der Modellrechnungen hin. Insbesondere das IMK betont, dass aus wirtschaftlichen Normalzeiten abgeleitete Wirkungszusammenhänge in historischen Ausnahmesituationen nicht zutreffen müssen.

Andere Forschungsinstitute (ZEW, RWI) halten sich mit quantitativen Prognosen zurück, weil kaum belastbare Aussagen über die Größenordnung der wirtschaftlichen Folgen möglich seien.

Sanktionen:

Langfristige gesamtwirtschaftliche Effekte

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) und das Österreichische Wirtschaftsforschungs-institut (WIFO) haben mit einer gemeinsamen Simulationsrechnung die Folgen eines Handelskrieges für einzelne Länder quantifiziert.

  • Russland mit Abstand größter Verlierer: Russlands BIP würde im Vergleich zu den bisherigen Handelsbeziehungen langfristig um knapp 10 % geringer ausfallen. Die baltischen Staaten würden mit BIP-Einbußen von rund 2 bis 2,5 % spürbar getroffen. Tschechien droht ein BIP-Verlust von knapp 1,2 %. Alle anderen Länder würden nur moderate wirtschaftlichen Einbußen verkraften müssen. China würde zwar davon profitieren, wenn die wirtschaftliche Verflechtung mit Russland wegen der westlichen Sanktionen zunimmt, doch ist Russland als Handelspartner zu unbedeutend, um das chinesische BIP spürbar nach oben zu treiben. Bisher gehen lediglich rund 2 % der chinesischen Exporte nach Russland. Die Simulationsrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass eine engere Verflechtung zwischen China und Russland das chinesische BIP um lediglich 0,02 % anheben würde. Bei den angegebenen Werten handelt es sich um eine Niveauverschiebung - d.h. beispielsweise für Russland, dass nach allen Anpassungsprozessen die Wirtschaftsleistung dauerhaft um knapp 10 % unter dem Niveau liegen würde, welches ohne den Handelskrieg erreicht worden wäre.
  • Annahmen: Die Institute haben für die Berechnungen eine Verdopplung der Handelsbarrieren (nichttarifäre Handelshemmnisse) zugrunde gelegt.
  • Zeitperspektive: Die Ergebnisse beziehen sich auf ein längerfristiges neues Gleichgewicht, nachdem sich die Handelsbeziehungen angepasst und neu gebildet haben. KurzfristigeKonjunktureffekte werden nicht berücksichtigt.
Sanktionen:

Welche Sektoren werden am stärksten getroffen?

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat mit Simulationsrechnungen ermittelt, mit welchen Sanktionen Russland am stärksten getroffen wird.

  • Wirksamste Sanktionen: Ganz oben steht der Gassektor. Mittelfristig würde bei einem Handelsstopp das russische BIP um 2,9 % sinken. Es folgen Rohöl (-1,2 %), Maschinen und Anlagen (-0,5 %), Kraftwagen (-0,3%) und Unternehmensdienstleistungen (-0,2 %). Das russische BIP würde also stark getroffen, während es für Deutschland (und auch für die EU) kaum nennenswerte Folgen gäbe.
  • Annahmen: Das IfW hat bei den Berechnungen einen völligen Stopp aller Importe und Exporte für die jeweilige Produktgruppe durch die westlichen Verbündeten simuliert. Die westlichen Verbündeten bestehen aus einer Gruppe von insgesamt 38 Ländern.
  • Zeitperspektive: Die Ergebnisse gelten laut IfW "mittelfristig". Genau genommen beziehen sich die Ergebnisse auf einen Zeitpunkt, an dem alle von den Sanktionen ausgelösten Anpassungsprozesse abgeschlossen sind. Sowohl auf russischer Seite als auch auf Seiten der sanktionierenden Länder werden Ersatzlösungen gesucht und auf längere Sicht auch gefunden. Die Wirtschaftsstruktur passt sich in allen betroffenen Ländern entsprechend an. Dazu würde zum Beispiel auch der Bau von Flüssiggasterminals in Deutschland gehören.
  • Fazit: Die Simulationsberechnungen beziehen sich auf ein längerfristiges neues Gleichgewicht. Kurzfristige Effekte wie ein Vertrauensschock und Lieferengpässe bleiben unberücksichtigt. Ein kurzfristiger Konjunktureinbruch ist also dennoch möglich.

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