03.08.2022
Makroökonomisches UmfeldRealwirtschaftliche Situation:
In der ersten offiziellen Schätzung ging das reale Wirtschaftswachstum in den USA nach einem schwachen ersten Quartal (-1,6%) um weitere -0,9% im zweiten Quartal zurück. Es zeigt sich, dass die Konsumausgaben trotz historisch niedrigem Konsumentenvertrauen weiter leicht wachsen, wobei die Güternachfrage um -4,4% in Q2 deutlich gefallen ist und das Konsumwachstum ausschließlich durch Nachholeffekte im Dienstleistungssektor +4,1% getragen wurde. Die steigenden Finanzierungskosten in Folge der strafferen Geldpolitik und die allgemeine Unsicherheit über die zukünftige ökonomische Entwicklung haben zu einem Rückgang der Investitionsausgaben um -13,5% von Haushalten und Firmen geführt. Der wichtigste Beitrag am negativen Wirtschaftswachstum war der deutliche Produktionsrückgang von Zwischenerzeugnissen.
Die aktuelle Situation sollte trotz zwei aufeinanderfolgender negativer Quartale aufgrund steigender Konsumausgaben und hoher Beschäftigungsniveaus noch nicht offiziell als Rezession seitens NBER Business Cycle Dating Committee eingestuft werden. In aktuellen Umfragen bestätigen sich die messbaren Aktivitätsdaten und deuten darüber hinaus auf einen Rückgang der Nachfrage nach Dienstleistungen hin. Das Sentiment, gemessen an den Einkaufsmanager-Indizes, befindet sich erstmalig seit Beginn der Corona-Pandemie wieder auf einem historischen Tiefstand.
Die erhöhte Unsicherheit über die Energieversorgung in Folge der reduzierten Gasliefermengen über Nord Stream 1 und die sich daraus ableitenden Konsequenzen für die Bürger und Industrie hat die Nachrichtenlage in Europa im letzten Monat dominiert, aber noch keine unmittelbaren Auswirkungen auf messbare ökonomische Aktivitätsdaten gehabt. In Summe konnte die Eurozone trotz aller Widrigkeiten einen leichten Zuwachs der Wirtschaftsaktivität aufgrund starker Wachstumsraten im Dienstleistungssektor nach Beendigung einiger Corona-Maßnahmen im zweiten Quartal verzeichnen. Dennoch deuten auch hier die aktuellen Einkaufsmanager-Indizes eindeutig auf einen Rückgang der Wirtschaftsaktivität in den kommenden Monaten hin. In Asien haben insbesondere die Rücknahme einiger Lockdown Maßnahmen in China zu einer messbaren Verbesserung des Sentiments geführt (Caixin Service PMI 54,5 von 41,1). Zusammenfassend bleiben wir in einem globalen "Winter" Regime.
Monetäre Situation:
Die Inflationsraten in den USA und der Eurozone erreichten mit 9,1% und 8,9% jeweils neue Höchststände seit den 90er Jahren. In den USA ist ein deutlicher Preisanstieg in allen Bereichen des Lebens zu messen und hat zu einem Anstieg der Kerninflationsrate auf 6% geführt. Die erhöhten Lebenshaltungskosten verbunden mit einer hohen Anzahl offener Stellen haben zu einem Lohnwachstum von 6% geführt. Zusätzlich sind die Mietausgaben in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Der leichte Rückgang bei der Güternachfrage wird kaum ausreichen, um den stabilen Arbeitsmarkt mit über 11 Mio. offenen Stellen merklich abzukühlen und steigende Zinsen haben in der Vergangenheit zu keiner Reduktion der Mieten geführt.
In der Eurozone liegt das nominale Lohnwachstum über der angestrebten Inflationsrate, aber trotz engen Arbeitsmarkts deutlich unter den Inflationsraten der letzten Monate. Das negative Reallohnwachstum wird eine Trendwende bei der Lohnentwicklung in den kommenden Monaten erschweren. Da die erhöhten Energiekosten gegenwärtig nur zu einem geringen Teil an die Verbraucher weitergegeben werden, bleibt abzuwarten, ob die seit Mitte Juni gefallenen Ölpreise sich in den nächsten Monaten merklich in der "Headline" Inflationsrate widerspiegeln. In Japan steigen die Inflationsraten nach einer langen Deflationsphase an, sind aber mit 2,4% noch deutlich unter den Niveaus der USA und der Eurozone.
Die Zentralbanken haben auf die weiterhin zu hohen Inflationsraten wie erwartet reagiert und die Leitzinsen teilweise merklich angehoben. Die EZB hat mit ihrem Zinsschritt von 50 bps nach mehr als 10 Jahren das negative Zinsumfeld verlassen und die Fed hat die Leitzinsen erstmalig nach 2018 auf über 2% angehoben. Außerdem haben sowohl die EZB als auch die Fed ihren "Forward Guidance"-Ansatz aufgegeben und deutlich gemacht, dass sie in den kommenden Monaten stärker auf die Entwicklung der Daten reagieren werden. Dies verdeutlicht die hohe Unsicherheit über die zukünftige Inflationsentwicklung. Basierend auf der aktuellen Datenlage und trotz gestiegener Rezessionssorgen sind wir bzgl. der Inflationsentwicklung eher vorsichtig und verbleiben global in einem roten monetären Regime.
MarktentwicklungenDie Aktien-, Anleihen- und Rohstoffmärkte bewegten sich nach den deutlichen Kurskorrekturen im Juni zu Beginn des Monats seitwärts. Gegen Mitte des Monats folgten die Märkte der "Bad News are Good News"-Philosophie und reagierten positiv auf schwache Wirtschaftsdaten unter der Annahme, dass gestiegene Rezessionssorgen sowohl die zukünftige Inflationsentwicklung als auch die Zentralbankpolitik positiv beeinflussen würden. Kurze Erholungsphasen sind nach deutlichen Kurskorrekturen nicht selten und müssen in den nächsten Monaten durch fallende Inflationszahlen bestätigt werden. In Summe konnten globale Aktien im Schnitt um circa +6%, globale Anleihen um circa +3,7% zulegen. Die stärkte Performance zeigten die diesjährigen "Underperformer" S&P 500 mit +9,2%, gefolgt vom EURO STOXX 50 mit +7,4%. Emerging Markets schlossen als einziger Market den Monat leicht negativ ab. Der Euro-Bund Future mit +6% wies die beste Performance im Juli auf, und das in einem Monat mit der ersten Zinserhöhung nach über 10 Jahren und einem Anstieg der Inflationsrate auf Rekordniveau. Der geringste Rückgang 10-jähriger Zinsen fand in den USA statt und folglich lieferten US Treasuries mit +2,2% im regionalen Vergleich die schwächste Performance ab. Edel- und Industriemetalle schlossen den Monat etwa unverändert ab, während Energiepreise um 10% stiegen.