
US-Zölle: Was es jetzt zu beachten gilt
Die von den USA angekündigten neuen "Liberation Day"-Zölle sind umfangreicher als vom Konsens erwartet. Sie richten sich gegen Länder mit großen Handelsdefiziten mit den USA, zusätzlich wird ein allgemeiner Zoll von 10 % für alle anderen Länder sowie ein pauschaler 25 %-Zoll auf Autoimporte eingeführt. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die amerikanische Industriebasis wiederherzustellen - besonders zugunsten jener Bevölkerungsgruppen, die von der Globalisierung benachteiligt wurden.
Wem helfen die Zölle?
Die US-Regierung will damit in erster Linie die Industriearbeitsplätze in Amerika schützen und die heimische Produktion stärken - es geht um "Main Street", nicht um "Wall Street".
Risiken:
• Kurzfristig könnten Wirtschaftswachstum, Unternehmensinvestitionen und Beschäftigung leiden.
• Firmen könnten Kostensteigerungen auf Verbraucher abwälzen u2192 Inflation.
• Dies könnte zu politischem Druck führen, vor allem bei den bevorstehenden Zwischenwahlen.
Warum nicht in Panik verfallen?
1. Politische Realität: Die Umsetzung der Zölle könnte schwieriger sein als gedacht - es ist zudem wahrscheinlich, dass sie abgeschwächt werden. Präsident Trump sieht die hohen Zölle als Verhandlungsmasse und ist scheinbar offen für "Deals".
2. Gegenmaßnahmen weltweit: Regierungen könnten auf die wirtschaftlichen Folgen mit Konjunkturprogrammen, Steuersenkungen oder Deregulierung reagieren
Unsere Anlagestrategie
• Aktives Management bevorzugen: Wir haben uns unterhalb der Oberfläche deutlich defensiver aufgestellt und bereits nach dem Deep-Seek-Moment US-Aktien auf neutral heruntergenommen.
• Geografisch diversifizieren: Länder und Sektoren gezielt auswählen. Die letzten Jahre zeigen bereits eine abnehmende Korrelation der globalen Aktienregionen. Das ist Ergebnis der zunehmend multipolaren Welt und der abnehmenden Globalisierung. Also internationale Diversifikation anstatt dem alleinigen Fokus auf die USA wird immer wichtiger. Das sieht man bereits seit Jahresbeginn.
• Währungsrisiken beachten: Der US-Dollar hat an Stärke verloren - frühere Muster gelten nicht mehr. Eine Abschwächung des überbewerteten Dollars könnte zu einem mehrjährigen Trend werden, der Anlagen außerhalb der USA tendenziell unterstützt.
• Inflationsschutz einbauen: Gold, Rohstoffe, inflationsresistentere Märkte wie beispielsweise der FTSE 100 (Großbritannien) können Schutz bieten. Die Trump-Politik als auch die Fiskalpakete in Europa und China sprechen weiter für das von uns seit Jahren beschriebene Umfeld erhöhter Inflation und Inflationsvolatilität. Anleihen bieten in diesem Umfeld weder eine attraktive Realverzinsung noch eine verlässliche Diversifikation für Aktien.
Conclusio
Die neuen US-Zölle sind eine weitreichende wirtschaftspolitische Wende mit Risiken für das Wachstum, aber auch Chancen für politisch gesteuerte Gegenmaßnahmen. Investoren sollten nicht überstürzt handeln, sondern ihre Portfolios aktiv, diversifiziert und inflationsresistent aufstellen.
Das zweite Quartal 2025 dürfte in den USA von hoher wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt bleiben. Die US-Wirtschaftsdaten, insbesondere die Umfragen haben zuletzt enttäuscht. Wie stark sich das auf die Aktivität auswirken wird, ist offen. Aber je länger die Unsicherheit anhält, desto höher die Wahrscheinlichkeit. Unsere Volkswirte gehen aber weiterhin nicht davon aus, dass es zu einer Rezession in den USA kommt - aber die Risiken sind klar nach unten und die Wahrscheinlichkeit dafür steigt.
Trumps politische Börsen haben wohl längere Beine und in Kombination mit der Unsicherheit über die US-Konjunktur und saisonal ab April/Mai typischerweise schwächeren Fondsflüssen, dürfte es in den kommenden Monaten volatil bleiben. Kommt es aber nicht zu einer Rezession in den USA, dürften die kommenden Monate Chancen bieten, Aktien bei stärkeren Rücksetzern aufzustocken. Eine schnelle V-Erholung wie in der Vergangenheit erwarten wir dieses Mal aber nicht. Schließlich wird Vertrauen schneller zerstört als wieder aufgebaut - und gerade US-Aktien sind nach wie vor ambitioniert bewertet, vor allem wenn man davon ausgeht, dass die Gewinnschätzungen der Analysten viel zu hoch sind.
Wir können uns entsprechend gut vorstellen, dass Anleger im ersten Schritt insbesondere Rückschläge bei Aktien außerhalb der USA, zum Beispiel in Europa, zur Aufstockung ihrer zu geringen Positionen in diesen Regionen nutzen werden. Denn von einer breiten Rotation von Anlegergeldern weg von einem starken Fokus auf die USA hin nach Europa und andere Regionen kann bisher bei Weitem keine Rede sein. Die Positionierung globaler Investoren hat sich bislang kaum verändert. Von den kumulierten Abflüssen aus europäischen Aktienfonds seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges 2022 sind nach Berechnungen der Bank of America bisher weniger als 10% zurück. Vor allem die Europäer sind stark in den USA investiert, während die Amerikaner kaum in Europa investiert sind. Diese Asymmetrie birgt Risiken für US-Aktien, sollte ein Umdenken stattfinden. Es besteht daher die Chance, dass aus der bisherigen Sentimentrallye europäischer Aktien eine strukturelle Erholungsrallye wird, wenn globale Investoren tatsächlich beginnen, ihre Positionen in Europa auszubauen.
Angesichts der im Jahr 2026 anstehenden Zwischenwahlen dürfte jedoch auch die US-Regierung gewillt sein, den US-Aktienmarkt im Laufe des zweiten Halbjahres zu unterstützen. Von daher sehen wir auch gute Chance für die US-Aktienmärkte im späteren Jahresverlauf.