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Die Bayer AG steht vor einer entscheidenden Weggabelung. Mittendrin in den ganzen Glyphosat-Klagen, hohem Kostendruck und einer angeschlagenen Aktie sucht der DAX-Konzern nach Lösungen und vielleicht sogar nach einem Neustart. Vorstandschef Bill Anderson spricht offen von einem möglichen Rückzug des Unkrautvernichters Glyphosat vom US-Markt. Gleichzeitig wirbt er um das Vertrauen der Aktionäre für eine mögliche Kapitalerhöhung. Während Bayer mit Altlasten kämpft, investiert der Konzern vorsichtig weiter in die USA. Doch was bedeutet das alles für die Aktie? Wie geht es weiter mit einem der traditionsreichsten Unternehmen Deutschlands? Lesen Sie weiter, warum jetzt Vorsicht, aber auch Hoffnung geboten ist.
Bayer und der Schatten Glyphosat
Bei Bayer wird endlich Klartext gesprochen. Vorstandschef Bill Anderson macht keinen Hehl daraus: Der Druck durch die anhaltenden Glyphosat-Klagen in den USA wächst. In einer vorab veröffentlichten Rede zur Hauptversammlung am 25. April beschreibt er eine Entwicklung, die für Bayer weitreichende Folgen haben könnte. Er stellt offen die Frage, ob der Verkauf von Glyphosat in den Vereinigten Staaten überhaupt noch tragbar sei.
Die juristische Auseinandersetzung um das Unkrautvernichtungsmittel belastet das Unternehmen schwer - nicht nur finanziell, sondern auch psychologisch. Anderson spricht von einem "dunklen Schatten", der sich über Bayer gelegt hat. Vergleichsangebote werden geprüft, auch wenn diese nur infrage kommen, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind. Es geht um nicht weniger als die Existenz eines Produktes, das für Bayer über Jahre hinweg eine wichtige Rolle gespielt hat. Aber auch um den Konzern, die Historie und letztendlich auch um das Aktionärsvermögen. Doch Bayer denkt auch strategisch: Um für mögliche finanzielle Risiken gewappnet zu sein, will man sich das Okay eben dieser Aktionäre für eine Kapitalerhöhung holen. Bis zu 35 Prozent zusätzliches Kapital könnten dann zur Verfügung stehen. Konkrete Pläne dafür gebe es zwar noch nicht, aber Anderson betont, dass man vorbereitet sein müsse. Denn eines sei klar. So wie jetzt als weiter machen, sei keine Option mehr.
Neue Investitionen
Trotz der Unsicherheiten wagt Bayer auch kleine Schritte nach vorne. Kürzlich wurde bekannt, dass der Konzern rund 44 Millionen US-Dollar in einen Standort im US-Bundesstaat Pennsylvania investiert. Diese Maßnahme soll helfen, potenzielle Zollrisiken abzufedern und den Standort USA zu stärken. In Zeiten protektionistischer Tendenzen sicherlich ein strategisch durchdachter, kluger Schachzug.
An der Börse hat sich die Bayer-Aktie zuletzt ein wenig gefangen. Zwar liegt der Kurs mit knapp 21 Euro weit entfernt vom 52-Wochen-Hoch von 31,03 Euro, doch die Talfahrt scheint fürs Erste gestoppt zu sein. Scheint muss man sagen, denn neue Hiobsbotschaften könnten weiteren Druck auf den Aktienkurs ausüben. In den letzten Tagen bewegte sich der Kurs jedenfalls kaum. Dies könnte ein Zeichen für Stabilität sein, oder eher doch ein Ausdruck der Unsicherheit?
Selbst Analysten halten sich derzeit etwas zurück. Die Bewertungen reichen von "Halten" bis "Neutral". Kursziele zwischen 25 und 29 Euro lassen immerhin Spielraum für Optimismus - vorausgesetzt, es kommt zu keiner weiteren Eskalation der Rechtsstreitigkeiten. Die nächste große Entscheidung fällt auf der Hauptversammlung. Sie könnte eine Wende bringen oder neue Unsicherheit schüren.
Charttechnik
Ein Blick auf die Charttechnik bei der Bayer-Aktie zeigt ein gemischtes Bild. Die 50-Tage-Linie ist endlich auch auf dem aktuellen Kursniveau angekommen und hat sich zuletzt als Unterstützung bewährt, was kurzfristig für Stabilität sorgen könnte. Die 200-Tage-Linie bleibt allerdings ein harter Brocken nach oben. Schon mehrfach ist der Kurs an ihr abgeprallt. Somit befindet sich die Aktie nach der Definition noch im Abwärtstrend und ein echter Aufwärtstrend ist noch nicht in Sicht, aber die Seitwärtsbewegung lässt zumindest Hoffnung auf eine Bodenbildung zu. Ich Chartbild gibt es sogar die Möglichkeit einer W-Bildung. Nimmt man den ersten Teil des unteren W-Fußes im Bereich Ende letzten, Anfang diesen Jahres an und den zweiten aus Anfang April diesen Jahres, so könnte mit Überschreiten der 25 Euro das Ziel bei 30-32 Euro im vollendeten W liegen. Der RSI jedenfalls liegt knapp unter der 50 und lässt sowohl nach oben, als aber auch nach unten vieles an Entwicklung zu.
Fundamental steht Bayer nach wie vor unter Druck. Der Umsatz rutschte leicht, der Gewinn drehte ins Negative. Und dennoch: Das Unternehmen ist mit einem Jahresumsatz von über 40 und knapp unter 50 Milliarden Euro ein Schwergewicht, das mit der richtigen Strategie durchaus wieder in ruhigeres Fahrwasser geraten könnte. Die Gerüchte über einen Rückzug von Glyphosat aus den USA, die mögliche Kapitalerhöhung, neue Investitionen in Übersee zeigen, dass Bayer sich neu positionieren will. Das Unternehmen sucht nach einem Weg, die Altlasten hinter sich zu lassen, ohne die Zukunft zu verbauen. Dabei setzt der Vorstand auf Transparenz, klare Worte und das Vertrauen der Aktionäre.
Was tun?
Die aktuelle Lage ist weiter angespannt, keine Frage, denn die Rechtsstreitigkeiten in den USA drücken schwer auf Stimmung und die Bilanz von Bayer. Dennoch sucht die Unternehmensführung nach möglichen Lösungen, um die Unsicherheiten über Board zu werfen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Der Blick geht nach vorne.
Aus charttechnischer Sich ist erst im Bereich bei 25 Euro das Bild für die Aktie deutlich aufgehellt. Daher würden wir uns dort per Stopp-Buy positionieren und auf einen Anstieg in Richtung 32 Euro setzen. Der Stopp kann nach dem Einstieg z. B. recht eng bei 1,5 oder 2 Euro unter Einstand gesetzt werden. Die Dynamik und das Momentum sollten nach dem Bruch der 25 Euro recht schnell für eine Trendwende sorgen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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