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Der Wolfsburger Autoriese steht vor einem nach wie vor tiefgreifenden Wandel. Wohl der größte seit Jahrzehnten. Während die Aktie in den letzten Wochen deutlich unter Druck geraten ist, arbeitet das Management mit harter Hand an einer kompletten Neuausrichtung. Drastische Produktionskürzungen, Stellenabbau in Rekordhöhe und gleichzeitig milliardenschwere Investitionen in die digitale Zukunft. Volkswagen navigiert durch stürmische Zeiten. Die Frage ist nicht, ob sich das Unternehmen wandelt, sondern ob dieser Wandel rechtzeitig gelingt. Die Software-Strategie entscheidet über Erfolg oder Misserfolg der kommenden Jahre. Bei VW geht es derzeit um alles oder nichts.
VW zieht die Notbremse
Volkswagen zieht die Notbremse. Das Stammwerk Wolfsburg muss 500.000 Einheiten weniger produzieren als geplant. Insgesamt fallen 734.000 Fahrzeuge aus der Jahresproduktion weg. Das ist keine kleine Korrektur, sondern ein radikaler Einschnitt. Das Werk in Zwickau reduziert seine Kapazität auf nur noch 130.000 Autos pro Jahr. Osnabrück und Dresden sind ebenfalls betroffen. Parallel dazu läuft der Stellenabbau auf Hochtouren. Bereits 22.500 Arbeitsplätze sind zum Abbau vorgesehen. Die Abfindungen fallen zwar vermeintlich niedriger aus als ursprünglich befürchtet, trotzdem schmerzt jede Entlassung. Das Management zeigt sich entschlossen, die Kostenstrukturen nachhaltig zu verändern. Doch VW spart nicht nur. Gleichzeitig investiert der Konzern massiv in die Zukunft. Das Datennetzwerk Catena-X soll die gesamte Automobilindustrie revolutionieren. Zusammen mit der Porsche-Tochter MHP arbeitet VW an standardisierten Datenstandards. Auch autonome Testfahrten mit dem ID Buzz zeigen, dass die Wolfsburger weit über das klassische Auto hinaus denken möchten.
Erfolg in Europa, Probleme in China
Die regionalen Unterschiede könnten größer kaum sein. In Europa verdoppelte VW seine Elektroauto-Auslieferungen im ersten Quartal auf 158.100 Einheiten. Deutschland allein bescherte dem Konzern drei Spitzenplätze bei den E-Auto-Neuzulassungen. ID7, ID3 und ID4 dominieren die Statistiken. China zeigt dagegen ein völlig anderes Bild. Dort brachen die Verkäufe vollelektrischer Fahrzeuge um 36,8 Prozent ein. Nur 25.900 Einheiten konnte VW im Reich der Mitte absetzen. Ein dramatischer Rückgang, der die Schwächen des deutschen Riesen offenlegt. Das Hauptproblem liegt in der Software-Entwicklung. Während VW traditionell auf Perfektion setzt, arbeiten chinesische Hersteller agiler. Sie bringen Produkte schneller auf den Markt und verbessern sie kontinuierlich. Diese Herangehensweise hat VW lange unterschätzt. Jetzt versucht der Konzern, durch Partnerschaften wie mit Rivian und Microsoft aufzuholen.
Charttechnik - das sieht übel aus!
Die VW-Aktie kämpft derzeit mit erheblichen Belastungen und das merkt man auch beim Blick auf den Chart. Da sieht es echt übel aus. Bei rund 88,88 Euro notiert das Papier deutlich unter dem Hoch aus dem September 2022 von 153,72 Euro. In den letzten 30 Tagen verlor die Aktie über 10 Prozent an Wert. Das zeigt, wie nervös die Anleger geworden sind. Technisch befindet sich die Aktie in einer schwierigen Phase. Der Kurs rutschte mehrfach unter wichtige Unterstützungsmarken. Das Handelsvolumen bleibt dabei bislang noch überschaubar, was zwar auf Verunsicherung hindeutet, aber noch keine Panik auslöst. Positive Impulse sind derzeit rar gesät. Beide wichtigen SMAs (50er und 200er) sind mittlerweile unterschritten. Diese notieren bei 94,43 Euro, bzw. 92,40 Euro. Dies signalisiert, dass sowohl mittel- als auch langfristig der Trend abwärtsgereichtet ist. Zwar ist das 52-Wochen-Tief bei 78,90 Euro aus dem Dezember letzten Jahres noch etwas weiter entfernt, aber eine oder zwei schwache Wochen könnten genügen und die Aktie wäre schon da. Danach dürfte dann beim Antesten oder Unterschreiten Panik entstehen. Analysten sehen aktuell noch das mittlere Kursziel bei 113,80 Euro. Das entspricht einem Aufwärtspotenzial von über 25 Prozent. Sollten die Restrukturierungsmaßnahmen greifen, könnte sich das Blatt zwar auch schnell wenden. Aktuell jedoch sieht es wirklich nicht schön aus aus charttechnischer Sicht.
Was tun? Ungewisser Ausgang
VW steht vor einer entscheidenden Phase. Die letzten Quartalszahlen zeigen sowohl Licht als auch Schatten. Für 2025 erwarten Experten einen Gewinn von 20,61 Euro je Aktie. VW muss sich tatsächlich neu erfinden, um gegen Tesla, chinesische Hersteller und andere Konkurrenten zu bestehen. Der aktuelle Sparkurs ist schmerzhaft, aber notwendig. Die gleichzeitigen Investitionen in Technologie und Software zeigen den Willen zum Wandel. Für Anleger bleibt die VW-Aktie aber auch gefährlich. Schaut man sich die Charttechnik an, kann einem Angst und Bange werden. Wir würden daher auf alle Fälle derzeit keinen Neueinstieg wagen und bestehende Positionen mit einem engen Stop absichern.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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