07.07.2025 -
Zinsperspektiven, Technologie, Geopolitik: Kapitalmärkte im Spannungsfeld
Das erste Halbjahr 2025 war geprägt von einer komplexen Gemengelage aus geopolitischen Spannungen, technologischen Umbrüchen und geldpolitischen Entscheidungen. Trotz zahlreicher Herausforderungen zeigten sich die Kapitalmärkte insgesamt widerstandsfähig - getrieben von soliden US-Wirtschaftsdaten, starker Nachfrage nach Zukunftstechnologien und der Hoffnung auf baldige Zinssenkungen in den USA.
Die Weltwirtschaft entwickelte sich im ersten Halbjahr unterschiedlich: Die US-Konjunktur wuchs mit rund 2,2 % moderat weiter, während Europa mit knapp unter 1 % eher stagnierte. China bemüht sich weiterhin um eine Stabilisierung seiner Wirtschaft, doch strukturelle Probleme und das schwache Verbrauchervertrauen dämpfen das Wachstum. Die globale Inflation ist rückläufig, was geldpolitischen Spielraum eröffnet - allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlichen Strategien.
Dollar unter Druck: Politische Risiken und Defizite belasten
Ein zentrales Signal kam Anfang Juni von der EZB: Sie setzte ihren seit Juni 2024 laufenden Zinssenkungskurs fort und senkte die Leitzinsen erneut um 25 Basispunkte. In den USA hingegen agiert die Notenbank weiterhin vorsichtig - trotz politischem Druck aus dem Weißen Haus, die Zinsen ebenfalls zu senken. Die US-Notenbank möchte belastbare Hinweise auf eine nachhaltige Inflationsabschwächung abwarten. Moody's hat als letzte der drei führenden Ratingagenturen seine Einstufung der US-Bonität von dem Top-Rating herabgestuft. Dies setzte primär langlaufende Anleihen unter Druck. Die Zinsstrukturkurven in den USA und Europa sind im ersten Halbjahr deutlich steiler geworden- ein Indikator für wachsende Zinssenkungserwartungen bei stabiler langfristiger Wachstumsprognose.
Die US-Handelspolitik zeigt sich erneut protektionistisch. Neue Zölle auf chinesische Technologiegüter sowie verschärfte Exportkontrollen sorgen für Verunsicherung an den Märkten. Auch das transatlantische Verhältnis wird belastet - insbesondere im Hinblick auf industrielle Standards und Technologietransfer.
Der US-Dollar hat im bisherigen Jahresverlauf gegenüber wichtigen Währungen nachgegeben. Gründe sind neben der zurückhaltenden Fed auch zunehmende politische Unsicherheiten, ein steigendes Haushaltsdefizit und anhaltende Leistungsbilanzungleichgewichte. Die Dollar-Schwäche wirkte sich stützend auf Rohstoffpreise aus - insbesondere bei Edelmetallen.
Gold glänzt, Öl schwächelt, Tech dominiert: Trends im ersten Halbjahr 2025
Der globale Wettlauf um Rohstoffe wie Seltene Erden hat sich weiter verschärft. Europa und die USA bemühen sich zunehmend um den Aufbau eigener Förderkapazitäten und Lieferketten jenseits Chinas. Der Aufbau alternativer Rohstoffquellen bleibt jedoch teuer und langwierig. Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette - von Bergbau bis Batterieproduktion - rücken strategisch stärker in den Fokus.
Gold konnte im ersten Halbjahr rund 26 % zulegen und markierte zwischenzeitlich ein neues Allzeithoch. Neben geopolitischen Spannungen und der schwachen US-Währung stützte auch die hohe Nachfrage institutioneller Investoren die Edelmetallpreise. Auch Silber und Platin profitierten von dem Umfeld. Der Ölpreis hingegen blieb trotz der anhaltenden Krisen im Nahen Osten unter Druck. Eine gestiegene Fördermenge in den USA und die globale Nachfrageentwicklung sorgten für ein weitgehend stabiles Preisniveau im Bereich unterhalb von 80 US-Dollar pro Barrel. Folglich zählten Öl & Gas Aktien nicht zu den Gewinnern des ersten Halbjahres.
US-Technologieunternehmen waren die zentralen Kurstreiber. Besonders die Ankündigung großer Investitionen in neue Datenzentren durch führende Cloud- und KI-Anbieter befeuerte die Fantasie der Märkte. Microsoft und Amazon investieren massiv in zusätzliche Rechenleistung. Im Zentrum steht weiterhin Nvidia: Die Auslieferungen der neuen Blackwell-Chips starteten mit hohem Tempo. Der Bedarf nach Hochleistungs-GPUs für Trainingsmodelle im KI-Bereich übertrifft die Erwartungen - mit positiven Effekten auf Umsatz und Margen.
Auch im Bereich autonomes Fahren gab es Fortschritte: Robotaxi-Tests in mehreren US-Städten wurden ausgeweitet. Unternehmen wie Waymo, Apollo Go und Tesla intensivierten ihre Pilotprojekte - ein Zeichen für die zunehmende technische Reife und wachsenden regulatorischen Spielraum.
Ausblick auf das zweite Halbjahr 2025
Das Marktumfeld bleibt auch im zweiten Halbjahr anspruchsvoll: Die geopolitische Lage und das Verhalten der Notenbanken sind zentrale Einflussfaktoren. Dennoch bieten strukturelle Trends - allen voran im Bereich Technologie, kritische Rohstoffe und der wachsende Konsum in Asien - erhebliche Chancen für langfristig orientierte Anleger.
Die Kapitalmärkte dürfte sich im laufenden Jahr im Spannungsfeld zwischen politischer Unsicherheit und technologischer Zuversicht bewegen. Eine kluge Allokation, Fokus auf die Wachstumstrends unserer Zeit und ein Blick über kurzfristige Schlagzeilen hinaus bleiben weiterhin entscheidend.