
Elon Musk gibt sich immer viel Mühe, damit Tesla nicht bloß als reiner Autobauer angesehen wird. Robotaxis und Humanoide Roboter in Verbindung mit KI. Hört sich gut an, nur wann macht Tesla den Sprung zum Tech-Konzern?
Auf der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen von Tesla wurde Elon Musk regelrecht mit Fragen zur Zukunft des Konzerns gelöchert. Unter den ganzen Antworten, die der Tesla-Chef lieferte, sticht zunächst eine ganz besonders heraus!
CEO Elon Musk sagte, dass die Kürzungen der US-Regierung bei der Unterstützung von Elektroauto-Herstellern Tesla voraussichtlich in den kommenden Quartalen vor Herausforderungen stellen werden. Er rechnet jedoch damit, dass gegen Ende des nächsten Jahres ein Anstieg der Einnahmen aus Software und Dienstleistungen für autonomes Fahren einsetzen wird.
Im April hatte Musk noch gesagt, dass sich das Robotaxi früher in den Zahlen von Tesla bemerkbar machen wird. Die Einführung werde "etwa zur Mitte des nächsten Jahres" der Fall sein, und für die zweite Hälfte 2026 hatte Musk "Millionen autonom fahrender Teslas" vorausgesagt. Jetzt sind wir am Ende von 2026. Und auch dieser Termin ist nicht sattelfest.
Zukunftsmusik, die noch in weiter Ferne ist?
Elon Musk möchte, dass Tesla mehr ist, als ein reiner Autobauer. Allerdings rückt der Start des vielgepriesenen Robotaxi immer weiter nach hinten. Wedbush Techbulle Dan Ives sieht in den autonom fahrenen Autos enormes Potenzial und schätzt den Wert der Robotaxi-Flotte auf eine Billion US-Dollar und vergibt für die Aktie ein Kursziel von 500 US-Dollar. Damit würde allein diese Sparte den aktuellen Marktwert von Tesla abdecken. Aber auch hier die Frage: Wann ist es soweit?
Elon Musk sagte dazu auf der Telefonkonferenz: "Wir erhalten die behördliche Genehmigung für den Start in der Bay Area in Kalifornien, in Nevada, Arizona, Florida und an vielen anderen Orten. Ich denke, dass wir bis Ende des Jahres wahrscheinlich der Hälfte der US-Bevölkerung autonome Mitfahrdienste anbieten werden."
Ist das wirklich machbar?
Trotz ambitionierter Ankündigungen von Elon Musk stecken Teslas Robotaxi-Vorhaben noch in den Kinderschuhen. Aktuell betreibt der Elektroautobauer lediglich eine kleine, nicht öffentlich zugängliche Flotte autonomer Fahrzeuge in Austin, Texas. Die großflächige Expansion, insbesondere in Kalifornien, dürfte sich schwieriger gestalten als vom Tesla-Chef in einer Telefonkonferenz dargestellt.
Kein Antrag - keine Genehmigung
Wie Recherchen von Reuters ergaben, hat Tesla im für autonomes Fahren besonders wichtigen Markt Kalifornien bislang keine der entscheidenden Genehmigungen beantragt, die für den Betrieb fahrerloser Robotaxis mit zahlenden Fahrgästen erforderlich wären. Das kalifornische Department of Motor Vehicles (DMV) sowie die California Public Utilities Commission (CPUC) bestätigten, dass Tesla lediglich eine der mehreren notwendigen Lizenzen erhalten habe. Weitere Anträge seien bislang nicht eingereicht worden. Ohne diese Genehmigungen darf Tesla in Kalifornien keine autonomen Fahrdienste anbieten oder abrechnen.
Bis Ende 2026?
Hinzu kommt: Im Gegensatz zu Wettbewerbern wie Waymo, die jahrelange Testphasen durchliefen und Millionen Testkilometer vorweisen können, kommt Tesla kaum auf Erfahrungen in Kalifornien. Laut staatlichen Aufzeichnungen hat der Konzern dort seit 2016 lediglich 562 autonome Testmeilen absolviert und in den vergangenen sechs Jahren keine weiteren mehr gemeldet.
Zum Vergleich: Waymo brauchte neun Jahre, sieben Genehmigungen und über 13 Millionen Testmeilen, um 2023 die finale Zulassung für den kommerziellen Robotaxi-Betrieb zu erhalten.
Eine Tesla-Stellungnahme zu den offenen Fragen blieb bislang aus. In einer Mitteilung am Donnerstag erklärte der Autobauer lediglich, man sei von Regulierungsbehörden um Informationen zu den Robotaxi-Plänen gebeten worden.
In anderen Bundesstaaten ist es etwas einfacher
Während die Lage in Kalifornien schwierig bleibt, könnten andere Bundesstaaten schneller vorankommen. In Arizona hat Tesla laut dem dortigen Verkehrsministerium bereits Genehmigungen beantragt, um autonome Fahrzeuge mit und ohne Sicherheitsfahrer zu testen und zu betreiben. Eine Entscheidung wird noch im Juli erwartet. Auch in Nevada laufen Gespräche, konkrete Schritte seien jedoch noch nicht erfolgt. In Florida steht eine Rückmeldung der Behörden noch aus.
Das berühmte Hintertürchen
In einem weiteren Satz erklärte Elon Musk, dass die Pläne zum Robotaxi unter dem "Vorbehalt behördlicher Genehmigungen" stehen. Branchenexperten wie Forrester-Analyst Paul Miller mahnen zur Geduld. Musks Hinweis, die Hälfte der US-Bevölkerung mit Robotaxis erreichen zu wollen, sei ohne regulatorische Freigaben wenig belastbar: "Dieser Vorbehalt ist entscheidend - behördliche Genehmigungen brauchen Zeit." Besonders wenn sie noch nicht einmal beantragt sind.
Fischt Musk im Trüben?
Gene Munster, Managing Partner bei Deepwater Asset Management und Tesla-Investor, zeigte sich gegenüber Reuters enttäuscht, dass der Elektroautohersteller in der Telefonkonferenz keine Angaben dazu machte, wann der Service in Austin für die breite Öffentlichkeit verfügbar sein werde oder wie viele Fahrzeuge auf die Straße kommen sollen.
"Es wirkte, als wolle Musk sich davor drücken, wirklich konkrete Schätzungen abzugeben, wie die Dinge verlaufen werden", sagte Munster.
Es ist ja auch schwierig einen genauen Termin zu nennen, wenn die Genehmigungen noch nicht einmal beantragt sind.
Noch weit entfernt vom Tech-Konzern
Da es beim Robotaxis wohl noch eine Weile dauert, schauen wir noch schnell auf den Bereich "Humanoide Roboter". Hier gab es vor den Zahlen auch schon ein Statement von Herrn Musk.
Und natürlich wurde auf der Telefonkonferenz das Thema ebenfalls angesprochen. Hier die Antwort von Elon Musk: "Optimus 3 ist ein herausragendes Design. Ich denke, es wird das größte Produkt aller Zeiten. Wenn wir in fünf Jahren nicht etwa 100.000 Optimus-Roboter pro Monat herstellen, wäre ich ehrlich gesagt schockiert."
Und da ist er doch kurz aufgeblitzt, der Optimismus, dass Elon Musk das Maß aller Dinge produziert - "das größte Produkt aller Zeiten". Das Problem ist nur, Anleger und Experten sind kritischer geworden, was die Aussagen von Elon Musk betreffen. Sie glauben nicht mehr alles, was der Visionär über seine Lippen kommen lässt, sondern sie hinterfragen es aus gutem Grund.
Produkte wie der Cybertruck wurden viel später als ursprünglich angekündigt in Serie produziert und seit 2016 kündigte Elon Musk jedes Jahr an, dass vollständig autonome Teslas spätestens im jeweils folgenden Jahr auf der Straße sein würden.
Daher wird es immer schwerer für Elon Musk, die Leute davon zu überzeugen. Das zeigt auch, dass die Aktie am Donnerstag im regulären Handel ihre Verluste weiter ausgebaut hat.
Mein Tipp: Bei 300 US-Dollar ist erst einmal Schluss
Bei der Diskussion, ob Tesla ein Autobauer oder Technologie-Konzern ist, kann man sich aktuell für beide Seiten entscheiden. Was jedoch auch feststeht: Tesla ist ein Wachstumskonzern, der aktuell nicht wächst. Das ist ein Problem, das Elon Musk so schnell wie möglich in den Griff bekommen muss. Dass Robotaxis und Humanoide Roboter Ende 2026 wieder für Wachstum sorgen sollen, ist zu spät. Hier muss Musk einfach eine schnellere Lösung finden, die bei Tesla wieder Fantasie weckt und das Vertrauen in die Fähigkeiten von Elon Musk zurückbringt.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es da noch bei der Telefonkonferenz. Musks Aussage zur Preisgestaltung: "Wir werden im vierten Quartal bereit sein mit neuen, erschwinglicheren Modellen für alle … Es ist einfach ein Model Y. Da habe ich die Katze wohl aus dem Sack gelassen."
Das hört sich schon mal deutlich besser an als Ende 2026. Trotzdem gehört die Tesla Aktie aktuell nicht zu den Lieblingen der Anleger. Wer investiert ist, sollte den Kurs nicht unter die Marke von 300 US-Dollar begleiten. Hier empfiehlt sich ein Ausstieg. Kurse um die 250 US-Dollar können dann wieder zum Einstieg genutzt werden. Jetzt muss Elon Musk erst einmal zeigen, dass die Zukunftsmusik bei Tesla auch gespielt werden kann. Und die spielt besonders laut bei Erfolgen rund um das Robotaxi.
Markus Weingran, Chefredakteur wallstreetONLINE Börsenlounge
Die wallstreetONLINE Börsenlounge ist ein beliebtes YouTube-Format, das sich auf das Thema Börse und Finanzen spezialisiert hat. Die Börsenlounge wird von der online-Finanzplattform wallstreetONLINE produziert und bietet den Zuschauern eine informative und unterhaltsame Show, die sich mit aktuellen Marktentwicklungen, Investitionstipps und Finanzthemen befasst. Täglich um 12 Uhr @wallstreetonlineTV
Übrigens: Zum Musterdepot der Börsenlounge geht es hier lang!
Enthaltene Werte: US88160R1014