DARMSTADT (dpa-AFX) - Die Dollar-Schwäche hat dem Merck-Konzern ein unerwartet schwaches zweites Quartal eingebrockt. Zwar konnten die Darmstädter organisch wachsen, nach der Umrechnung in Euro ergaben sich jedoch Umsatz- und operative Ergebniseinbußen für den Dax-Konzern. Schwierigkeiten macht zudem die Elektroniksparte, während sich die Aussichten für die lange schwächelnde Laborsparte weiter lichten. Konzernchefin Belen Garijo präzisierte deshalb nochmals ihre Ziele. Zwar traut sie Merck nun noch weniger Jahresumsatz zu als ursprünglich, zeigt sich aber für das Ergebnis im Tagesgeschäft wieder etwas optimistischer.
An der Börse stießen sich die Investoren jedoch am schwachen Quartal. Laut UBS-Analyst Mattew Weston hat vor allem die auf Halbleitermaterialien spezialisierte Electronics-Sparte überraschend schlecht abgeschnitten. Die anhaltend solide Erholung im Laborgeschäft und eine starke Ergebnisentwicklung im Pharmabereich würden davon überschattet.
Die Papiere des Pharma- und Elektronikkonzerns fielen auf den niedrigsten Stand seit Mitte 2020. Zuletzt betrug der Abschlag knapp drei Prozent auf 102,50 Euro. Damit setzt sich der Kursverfall für die Südhessen weiter fort. Allein in diesem Jahr hat das Papier rund ein Viertel an Wert eingebüßt. Und vom in der Pandemie erreichten Hoch bei mehr als 230 Euro im Dezember 2021 ist die Aktie sogar auf weniger als die Hälfte zurückgefallen.
"Wir haben ein solides organisches Umsatz- und Ergebniswachstum erzielt", sagte Unternehmenslenkerin Garijo laut Mitteilung - sprach zugleich aber von "spürbaren Währungseffekten". Durch seine drei Sparten sei der Konzern jedoch "widerstandsfähiger gegen die geopolitischen, wirtschaftlichen und währungsbedingten Schwankungen, die Unternehmen weltweit erschüttern", betonte sie.
Mercks Umsatz ging im zweiten Quartal um knapp zwei Prozent auf 5,26 Milliarden Euro zurück, sei aber abseits von Währungs- und Portfolioeffekten um etwa denselben Prozentsatz gewachsen.
Starke organische Zuwächse verbuchte die Laborsparte. Dort sorgte das Geschäft mit Produkten für die gesamte Kette der Arzneimittelherstellung für Auftrieb. Die gemessen am Umsatz größte Sparte im Konzern setzt damit ihre Erholung vom Post-Corona-Knick weiter fort: Mercks Laborgeschäft hatte lange unter einer Nachfrageschwäche gelitten, nachdem in der Pandemie noch gute Geschäfte mit Impfstoffforschern und -herstellern gemacht wurden.
Auch das Pharmageschäft wuchs im zweiten Quartal organisch, hier profitierte der Konzern vor allem von Kassenschlagern wie Mavenclad bei Multipler Sklerose und dem Krebsmedikament Erbitux. Aber auch Fruchtbarkeitsmedikamente verkauften sich gut. In seiner auf Halbleitermaterialien spezialisierten Sparte Electronics blieb die Nachfrage rund um KI-Anwendungen hoch, doch litt Merck dort unter weiteren Verzögerungen bei bereits zugesagten Kundenprojekten. Der Umsatz der Sparte ging zurück, das Ergebnis brach prozentual zweistellig ein.
Wegen deutlicher Ergebniszuwächse bei Pharma - unter anderem aufgrund gesunkener Forschungskosten - und einem Plus auch im Laborgeschäft legte der konzernweite operative Gewinn (bereinigtes Ebitda) organisch um fast fünf Prozent zu. Nominal lag der Verdienst im Tagesgeschäft mit 1,46 Milliarden Euro um drei Prozent unter dem Vorjahr. Analysten hatten sowohl beim operativen Ergebnis als auch beim Umsatz mit mehr gerechnet. Unter dem Strich erzielte Merck ein Konzernergebnis von 655 Millionen Euro, nach 605 Millionen vor einem Jahr.
Konzernchefin Garijo erwartet nun für das Gesamtjahr nur noch einen Erlös bei 20,5 bis 21,7 Milliarden Euro. Erst im Mai hatte sie die Umsatzprognose wegen des Dollar-Verfalls auf 20,9 bis 22,4 Milliarden gekürzt. Damals hatte sie sich auch zu den Ergebniszielen pessimistischer geäußert. Nun erwartet der Vorstand hier wieder ein höheres organisches Plus als zuletzt. Nominal stehen als bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen 5,9 bis 6,3 Milliarden Euro im Plan - statt der zuletzt anvisierten 5,8 bis 6,4 Milliarden.
Die neue Prognose begründete der Konzern unter anderem mit verbesserten Zielen für das Laborgeschäft, angepassten Ziele in der Pharmasparte und einer "hohen Kostendisziplin" in allen Bereichen. Zudem seien in den Zielen die abgeschlossene Übernahme des US-Krebsspezialisten Springworks Therapeutics und der Verkauf des Pigment-Geschäfts berücksichtigt, hieß es weiter./tav/mne/jha/