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Der schwäbische Autoriese steht vor seiner größten Krise und Bewährungsphase seit Jahren.
Während die Konkurrenz aus China mit aggressiven Preisen den Markt aufrollt, hält Mercedes noch eisern an seiner Premium-Positionierung fest. Doch die jüngsten Quartalszahlen offenbaren ein dramatisches Bild: Der Gewinn je Aktie brach von 2,95 Euro auf 0,95 Euro ein. Gleichzeitig melden wichtige Zulieferer drastisch sinkende Aufträge. Das ist ein deutliches Warnsignal für die Produktion. Besonders schmerzlich trifft es den Konzern in China, wo einst die Kassen klingelten. Die zentrale Frage lautet: Kann sich Mercedes seinen teuren Elektrokurs noch leisten, oder zwingt der Markt den Traditionshersteller in die Knie? Die Antwort entscheidet über Milliarden und ob die Aktie in die Tiefe gerissen wird.
China-Trauma
China war lange Zeit das Eldorado für Mercedes-Benz. Hier kauften wohlhabende Kunden bereitwillig S-Klassen und AMG-Modelle für astronomische Summen. Diese goldenen Zeiten sind vorbei. Lokale Hersteller wie BYD oder Nio haben das Luxussegment im Sturm erobert und bieten elektrische Alternativen zu einem Bruchteil der deutschen Preise an. Das Ergebnis ist erschreckend. Mercedes verliert nicht nur Marktanteile, sondern auch die Kontrolle über die Preisgestaltung. Während chinesische Konkurrenten ihre E-Autos immer günstiger anbieten, klammert sich der Stuttgarter Konzern an seine Premium-Strategie. Diese Sturheit könnte sich als fatal erweisen. Denn die chinesischen Verbraucher zeigen deutlich, dass sie nicht mehr bereit sind, für ein deutsches Markenlogo Unsummen zu bezahlen, wenn heimische Alternativen technisch ebenbürtig und deutlich preiswerter sind. Die Auswirkungen spürt man bereits in der gesamten Zulieferkette. Deutsche Komponentenhersteller berichten von dramatisch einbrechenden Aufträgen. Diese Entwicklung ist besonders beunruhigend, da Zulieferer-Probleme meist ein Frühwarnsystem für sinkende Produktionszahlen darstellen. Mercedes steht vor einem Dilemma. Entweder das Unternehmen gibt seine lukrative Luxus-Positionierung auf und kämpft im Preiskampf mit - oder es nimmt weitere Marktanteilsverluste in Kauf.
Elektro-Offensive im Gegenwind
Der Umstieg auf Elektromobilität sollte Mercedes-Benz eigentlich neue Gewinnchancen eröffnen. Die Rechnung war einfach. Für innovative E-Technologie zahlen Kunden gerne Premium-Aufschläge. Doch diese Strategie funktioniert nur, wenn die Konkurrenz mitspielt. Genau das tut sie aber nicht. Chinesische Hersteller haben begriffen, dass Elektroautos Commodity-Produkte werden können. Sie setzen auf Masse statt Klasse und drücken die Preise immer weiter nach unten. Für Mercedes wird diese Entwicklung zum Albtraum. Die aufwendig entwickelten Elektro-Luxusmodelle verlieren ihre Alleinstellungsmerkmale, wenn vergleichbare Fahrzeuge für die Hälfte des Preises erhältlich sind. Das Management in Stuttgart steht unter enormem Druck. Soll man die Preise senken und damit die Margen opfern? Oder bleibt man stur bei der Luxus-Linie und riskiert weiteren Absatzschwund? Selbst im Vorstand wird inzwischen offen über eine Kurskorrektur diskutiert. Das zeigt: Auch intern wachsen die Zweifel an der bisherigen Strategie. Hält Mercedes seinen Elektro-Kurs durch oder vollzieht das Unternehmen eine schmerzhafte Wende?
Charttechnik
Auch an dem Kurs spiegelt sich die schwierige Lage wider. Aktuell notiert die Aktie bei 52,97 Euro und damit in etwa auf dem Niveau von November 2024. Der RSI von 52 ist im neutralen Terrain und zeigt weder überverkaufte noch übergekaufte Tendenzen für den Kurs oder die Aktie an. Doch die Volatilität ist deutlich angezogen. Zuletzt gab es heftige Schwankungen nach oben und unten binnen weniger Tage. Das zeigt die Nervosität am Markt. Investoren wissen nicht, wohin die Reise geht. Diese Unsicherheit drückt im Endeffekt auf den Kurs und erschwert eine nachhaltige Erholung. Immerhin liegt das Mehrwochen-Tief bei 45,01 Euro aus dem April dieses Jahres noch ein gutes Stück entfernt. Hier könnte sich bei weiteren negativen Nachrichten eine wichtige Unterstützung befinden, oder aber es bricht durch. Dann geht es nochmals eine oder zwei Etagen tiefer. Insgesamt bleibt das Chartbild angeschlagen und spiegelt die fundamentalen Probleme des Unternehmens wider.
Was tun?
Die drastisch gesunkenen Quartalszahlen mit einem Gewinneinbruch sprechen eine deutliche Sprache. Besonders der Umsatzrückgang zeigt das Ausmaß der Krise. Die Luxusstrategie, jahrelang ein Erfolgsgarant, wird zum Klotz am Bein. China als wichtigster Wachstumsmarkt bröckelt weg, während die Elektro-Offensive nicht die erhofften Früchte trägt. Anleger sollten vorsichtig bleiben und die nächsten Quartalsergebnisse abwarten. Zwar liegen teilweise die Analysten-Kursziel bei über 60 Euro und damit deutlich über dem aktuellen Niveau. Doch solange Mercedes keine überzeugende Antwort auf den Preiskampf findet, bleibt die Aktie ein Kandidat für mögliche neue Tiefstkurse. Das ist gefährlich!
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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