MONTE CARLO (dpa-AFX) - Der Rückversicherer Munich Re verspricht sich von der nächsten Vertragserneuerung im Schaden- und Unfallgeschäft attraktive Geschäftschancen trotz sinkender Preise. Bei der Neuverhandlung der Verträge mit Erstversicherern dürfte die Nachfrage nach Rückversicherungsschutz weiter wachsen, erklärte Munich-Re-Vorstand Thomas Blunck am Sonntag beim jährlichen Branchentreffen in Monte Carlo. Ratingagenturen sagen den Rückversicherern nach dem starken Anstieg der vergangenen Jahre allerdings sinkende Preise voraus.
Seit diesem Wochenende treffen sich Rückversicherer wie Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück wieder wie üblich mit Erstversicherern wie Allianz, Axa oder Generali und Maklern im Fürstentum Monaco, um die Konditionen für die große Vertragserneuerung im Schaden- und Unfallgeschäft zum nächsten Jahreswechsel auszuloten.
Die Erneuerungsrunde zum 1. Januar ist die wichtigste für die Branche. Bei den vergangenen Erneuerungen zum 1. April und 1. Juli hatten Rückversicherer bereits Preisabschläge hinnehmen müssen. So meldeten Munich Re und Hannover Rück seit Januar im Schnitt Preisrückgänge von gut 1 bis gut 2 Prozent, wenn man die Inflation und veränderte Risiken herausrechnet.
Zuvor hatte die Branche ihre Preise jahrelang kräftig angehoben. Für Erstversicherer wurde es somit immer teurer, Teile ihrer Risiken bei Rückversicherern abzuladen und damit aus der eigenen Bilanz zu bekommen. Viele behielten deshalb mehr Risiken in den eigenen Büchern.
Die Munich Re werde bei der Vertragserneuerung weiter auf angemessene Preise und Bedingungen achten, beteuerte Vorstandsmitglied Stefan Golling. So werde der Bedarf an Rückversicherungsschutz auf absehbare Zeit weiter steigen.
Schon seit 2020 lägen die versicherten Schäden durch Naturgefahren jedes Jahr regelmäßig über 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Allein im ersten Halbjahr 2025 summierten sie sich auf 80 Milliarden Dollar - der zweithöchste Wert seit 1980. Neue Risiken gebe es auch durch stärker schwankende Inflationsraten und eine schlechter berechenbare Zollpolitik, schrieb die Munich Re.
Trotz wachsender Unsicherheiten sagen Ratingagenturen den Rückversicherern für das kommende Jahr sinkende Preise und dadurch schrumpfende Gewinne voraus. So erwartet Branchenexperte Johannes Bender von Standard & Poor's (S&P), dass die Prämien von Verträgen mit kurzer Laufzeit wie der Feuerversicherung bei der Erneuerung zum Jahreswechsel im Schnitt um rund fünf Prozent sinken.
Auch deshalb müssten Rückversicherer voraussichtlich einen größeren Anteil ihres Umsatzes für Schäden, Verwaltung und Vertrieb ausgeben - wenn man schwerwiegende Einzelereignisse wie schwere Naturkatastrophen herausrechnet. In der Folge werde die Rendite auf das Eigenkapital der Rückversicherer sinken, sagt S&P voraus. Hatte sie im Spitzenjahr 2023 mehr als 21 Prozent betragen und 2024 fast 17 Prozent, rechnet die Ratingagentur für 2025 mit 12 bis 14 Prozent und 2026 nur noch mit 11 bis 13 Prozent.
Dennoch sagte S&P der Rückversicherungsbranche in ihrem Ausblick weiter eine stabile Entwicklung voraus - anders als andere Ratingagenturen. So haben die Experten von Moody's ihren Ausblick Anfang September von "positiv" auf "stabil" gesenkt. Fitch Ratings kappte ihn sogar von "neutral" auf "deteriorating" - sprich: "sich verschlechternd".
Ziemlich anders sieht das die Ratingagentur A.M. Best, die sich auf Versicherer spezialisiert hat und in der Branche hoch angesehen ist. Sie behält ihren positiven Ausblick für die Rückversicherer vorerst bei. Zwar seien die Preise der Branche 2025 gesunken, doch der Rückgang schließe sich an die starken Erhöhungen der Vorjahre an. "Selbst mit dem Rückgang liegen die Preise mehr als 90 Prozent über denen von 2017."
Galt die Munich Re lange als weltgrößter Rückversicherer der Welt, wurde sie laut Ratingagenturen zuletzt wegen eines neuen Bilanzierungsstandards von der Swiss Re aus Zürich überholt. Auf dem dritten Platz der Weltrangliste steht weiterhin die Hannover Rück./stw/zb