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Die Commerzbank tanzt auf einem Vulkan. Was als Befreiungsschlag gegen UniCredit begann, könnte sich zur teuren Falle entwickeln.
Der Kurs hat sich seit dem italienischen Einstieg verdoppelt, doch was passiert, wenn die Übernahmefantasie platzt? Ein Blick hinter die Kulissen offenbart, dass die Bank vor schweren Zeiten stehen könnte. CEO Bettina Orlopp kämpft zwar tapfer um die Unabhängigkeit, aber die Realität ist brutal. Bei einem Scheitern der Übernahme droht ein Kursrutsch auf 25 Euro, möglicherweise sogar bis 20 Euro. Selbst eine erfolgreiche Akquisition bietet nach dem enormen Kursanstieg kaum noch Aufwärtspotenzial. Die Investoren sollten sich warm anziehen, denn hier bahnt sich ein möglicher, heftiger Sturm an.
Das italienische Damoklesschwert schwebt bedrohlich
Andrea Orcel lässt nicht locker. Der UniCredit-Chef hat seine Beteiligung systematisch auf über 25 Prozent ausgebaut und spielt nun ein Wartespiel. Seine jüngste Drohung sitzt: Sollten die Aktionäre unzufrieden werden, verkauft er die Anteile notfalls an eine Bank außerhalb der EU. Das wäre der Super-GAU für die deutsche Finanzpolitik. Die Bundesregierung stemmt sich zwar mit ihren gut 12 Prozent gegen die Übernahme, aber wie lange hält dieser Damm? Orcel hat Zeit und Geld. Die Commerzbank dagegen kämpft gegen Windmühlen. Jeden Tag, an dem die Ungewissheit anhält, kostet Kraft und Nerven. Die Märkte spüren das bereits, denn der Kurs bröckelt langsam aber möglicherweise stetig. Das Perfide an Orcels Strategie ist, dass er auf fallende Kurse warten könnte. Je billiger die Commerzbank wird, desto attraktiver wird eine Übernahme. Ein Teufelskreis, aus dem es kaum ein Entrinnen gibt. Die Bank sitzt in der Falle zwischen Übernahmeangst und Kursdruck.
Charttechnik
Technisch betrachtet könnte die Commerzbank-Aktie jetzt weiter fallen. Nach dem spektakulären Anstieg von unter 14 Euro auf zeitweise 38,25 Euro im Hoch zeigt der Chart erste, aber schon recht deutliche Ermüdungserscheinungen. Bei 32,20 Euro kämpft das Papier um Halt, doch die Unterstützung wird täglich schwächer. Der 50er SMA liegt bei 32,70 Euro und wurde damit unterschritten. Das bedeutet: Die Aktie ist mittelfristig im Abwärtstrend. Der längerfristige Aufwärtstrend ist zwar durch den 200er SMA noch intakt. Dieser ist bei 24,85 Euro aber ein deutliches Stück unter dem aktuellen Kurs. Das birgt riesiges Rückschlagpotenzial für die Aktie. Das Handelsvolumen spricht ebenfalls Bände, denn Anleger werden nervös und nehmen Gewinne mit. Die großen institutionellen Investoren ziehen sich zum Teil auch zurück. Das ist ein klassisches Warnsignal für eine Trendwende. Der RSI lässt zur Zeit enorm Platz für fallende Kurse zu. Besonders brisant: Die psychologisch wichtige Marke von 30 Euro rückt näher. Fällt diese Unterstützung, ist der Weg frei bis 25 Euro. Im schlimmsten Szenario, einem kompletten Platzen der Übernahmefantasie, sind sogar 20 Euro denkbar. Das wäre eine Fast-Halbierung vom Höchststand.
Fundamentale Schwächen trotz Rekordgewinn
Ja, die Zahlen sehen auf den ersten Blick blendend aus. 2,4 Milliarden Euro Nettogewinn sind ein Rekord. Das Aktienrückkaufprogramm über 1 Milliarde Euro klingt großzügig. Doch der Schein trügt. Diese Zahlen entstanden unter Übernahmedruck. CEO Bettina Orlopp hat 3.900 Stellen gestrichen und alle Register gezogen, um sich groß und teuer zu machen. Das ist ein wenig von optischer Kosmetik, aber kein nachhaltiges Wachstum. Die Bank wurde auf Effizienz getrimmt, aber was passiert nach dem Übernahmekampf? Die ehrgeizigen Ziele bis 2028 wirken unter diesen Umständen unrealistisch. 64 Prozent mehr Gewinn ohne externe Hilfe? Das glaubt wohl selbst Orlopp nicht wirklich. Die Commerzbank hat ihre Pulverkammer wohl schon fast vollständig geleert. Für weitere Überraschungen fehlen die Mittel. Der Kursverlauf der letzten Tage und Wochen zeigt dies an.
Was tun?
Die Commerzbank-Aktie ist zum Spielball von Spekulanten geworden. Das hat nichts mehr mit grundsolidem Investment zu tun. Die fundamentalen Daten sind "geschönt", die Charttechnik zeigt Schwäche und die Unsicherheit über die Zukunft ist erdrückend. Bei einem Scheitern der Übernahme droht ein Kursrutsch um 30 bis 40 Prozent. Selbst bei einer erfolgreichen Akquisition ist nach dem enormen Kursanstieg kaum noch Aufwärtspotenzial vorhanden. Das Chance-Risiko-Verhältnis stimmt nicht mehr. Kluge Anleger sollten jetzt überlegen, ob sie die Reißleine ziehen oder zumindest mit Stopps eng absichern. Die Party scheint vorbei, die Rechnung kommt vielleicht noch. Wer seine Gewinne nicht rechtzeitig mitnimmt, erlebt möglicherweise ein böses Erwachen. Die Commerzbank ist mehr und mehr zu einem Glücksspiel geworden.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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