
Normalerweise ist der September der schwächste Börsenmonat des Jahres. Dank einer Reihe von guten Nachrichten, war er für IonQ der beste des Jahres. Gut 65 Prozent hat die Aktie zugelegt. Was bietet der Rest des Jahres?
IonQ ist einer der prominentesten Akteure im hart umkämpften Feld des Quantencomputings. Das 2015 gegründete Unternehmen unterscheidet sich von Schwergewichten wie IBM und Google vor allem durch seinen technologischen Ansatz: Während die Konkurrenz häufig auf supraleitende Schaltkreise setzt, nutzt IonQ gefangene Ionen (trapped ions).
Diese Methode gilt als eine der vielversprechendsten, da sie theoretisch eine höhere Stabilität der Qubits und damit eine geringere Fehlerrate ermöglicht. Die Systeme von IonQ sind zudem über die Cloud zugänglich und das Unternehmen konzentriert sich stark auf die Kommerzialisierung und Anwendung seiner Technologie für Regierungs-, Industrie- und Weltraumanwendungen.
IonQ forciert Expansion und Technologie
Der September erwies sich für IonQ als ein äußerst ereignisreicher und erfolgreicher Monat, geprägt von strategischen Übernahmen, staatlichen Aufträgen und technologischen Durchbrüchen.
Genehmigung für Oxford Ionics-Übernahme erteilt
Ein zentrales Vorhaben von IonQ rückt näher: Die britische Investment Security Unit hat die Genehmigung für die geplante Übernahme von Oxford Ionics erteilt. IonQ hatte sich im Juni bereiterklärt, das britische Unternehmen in einem Deal im Wert von rund 1,08 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Der Abschluss der Transaktion wird "in naher Zukunft" erwartet.
Gründung von IonQ Federal
IonQ kündigte die Gründung einer neuen Einheit namens IonQ Federal an. Diese soll sich auf die Bereitstellung von Quantencomputing- und Netzwerktechnologien für die US-Regierung und deren Verbündete konzentrieren. Mit der neuen Einheit will das Unternehmen Regierungsbehörden spezielle Ressourcen zur Verfügung stellen und proprietäre Technologien in den Bundes- und Verteidigungssektor integrieren. Robert Cardillo wurde zum Executive Chairman von IonQ Federal ernannt.
Quantentechnologie im Weltraum: Kooperation mit US-Energieministerium
Eine weitere strategische Partnerschaft wurde mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit dem US-Energieministerium bekannt gegeben. Ziel ist die gemeinsame Entwicklung von Quantentechnologien im Weltraum. Im Rahmen der Zusammenarbeit sollen Quanten-Netzwerke und sichere Kommunikation über Capella Space demonstriert werden. IonQ wird dabei das Design und die Umsetzung einer orbitalen Demonstration quantensicherer Kommunikation auf Basis seiner Satellitenplattform übernehmen.
Technologischer Prototyp für Quanten-Networking
Zudem präsentierte IonQ einen Prototypen für die Umwandlung der Frequenz von Photonen. Der Prototyp ermöglicht die Konvertierung von sichtbaren Wellenlängen - zur Schnittstelle mit gefangenen Barium-Ionen - auf Telekommunikationswellenlängen. Diese Innovation unterstützt die Verbindung von Quantencomputern über große Distanzen hinweg durch die Nutzung der bestehenden Glasfaserinfrastruktur.
IonQ erreicht Algorithmic Qubit-Rekord
Ebenfalls noch im September erzielte IonQ einen neuen algorithmischen Qubit-Rekordwert von AQ 64. Dieser Meilenstein wurde auf dem IonQ Tempo-System, dem Quantencomputer der fünften Generation, drei Monate früher als geplant erreicht. Der AQ-Benchmark ist ein entscheidender Indikator. Er misst die Fähigkeit eines Quantensystems, immer komplexere Quantenalgorithmen präzise auszuführen. Mit dem Wert von AQ 64 signalisiert IonQ, dass das Tempo-System für bestimmte Anwendungen einen kommerziellen Vorteil bringen kann.
Der beste Monat des Jahres
Die Flut positiver Nachrichten katapultierte die Aktie von IonQ in die Höhe. Der September war damit der beste Monat des bisherigen Jahres für den Titel, der in diesem Zeitraum um rund 65 Prozent gestiegen ist. Die Anleger honorieren die Fortschritte in der Kommerzialisierung und die strategische Positionierung des Unternehmens im Wachstumsmarkt Quantencomputing.
Mein Tipp: Tanzen Sie auf dem schmalen Grat der Quantentechnologie!
Die jüngsten Erfolge von IonQ, von der strategischen Übernahme bis zu den Regierungsaufträgen, haben die Aktie beflügelt. Doch wer auf den Quanten-Pionier setzt, muss die gemischte Bilanz und die Risiken einer disruptiven Technologie im Blick behalten. IonQ tanzt auf dem schmalen Grat zwischen revolutionärem Potenzial und finanziellem Risiko.
Die Hauptargumente für ein Investment in IonQ sind klar: Durch den Fokus auf gefangene Ionen (trapped ions) verfügt das Unternehmen über einen Ansatz, der potenziell stabilere Qubits und damit leistungsfähigere Quantencomputer hervorbringen kann als die gängigen supraleitenden Schaltungen der Konkurrenz.
Die erfolgreiche Demonstration des Photonen-Frequenzwandlers ist zudem ein wichtiger technologischer Schritt, der die Skalierung und Vernetzung dieser Systeme über Glasfaserkabel ermöglichen soll. Auch die starke Kommerzialisierung durch die Gründung von IonQ Federal signalisiert die erfolgreiche Erschließung des lukrativen und sicherheitsrelevanten Sektors der US-Regierung und ihrer Verbündeten.
Die Kooperationen mit dem US-Energieministerium und die Fokussierung auf quantensichere Kommunikation im Weltraum bieten überdies langfristige, strategische Einnahmequellen. Abgerundet wird die positive Sicht durch die Anhebung der Umsatzprognose für das Gesamtjahr 2025 auf nunmehr 82 bis 100 Millionen US-Dollar, was belegt, dass die Nachfrage nach den Quantendienstleistungen stark zunimmt.
Allerdings ist die Wachstumstory von IonQ untrennbar mit hohen Risiken verbunden, die Anleger nicht ignorieren dürfen. Die Halbjahreszahlen enthüllten eine Schattenseite: Im zweiten Quartal weitete sich der Verlust pro verwässerter Aktie auf 0,70 US-Dollar aus, nachdem er im Vorjahr noch bei 0,18 US-Dollar gelegen hatte.
Das Unternehmen investiert massiv in Forschung und Entwicklung, was die Ertragslage belastet und die Profitabilität in weite Ferne rückt. Ein weiteres Risiko stellt die extrem hohe und spekulative Bewertung dar. Der jüngste Kursanstieg im September hat die Marktkapitalisierung auf ein Niveau katapultiert, das auf einen zukünftigen, noch unbewiesenen Erfolg spekuliert.
Die Bewertung steht in keinem Verhältnis zu den aktuellen Umsätzen und Gewinnen. Jegliche Verzögerung in der technologischen Entwicklung oder im Ausrollen von Aufträgen könnte daher zu einer scharfen Korrektur führen. Schließlich ist die Quantencomputing-Branche ein Hochrisikofeld: Trotz des Ionenfallen-Vorsprungs könnte ein technologischer Durchbruch eines Wettbewerbers in anderen Bereichen die Führungsposition von IonQ schnell obsolet machen.
Zusammenfassend bleibt IonQ eine spekulative Wette auf die Zukunft, geeignet für Anleger, die bereit sind, hohe Volatilität und finanzielle Verluste für das Potenzial einer kommenden technologischen Revolution in Kauf zu nehmen. Der Erfolg hängt letztlich stark von den Fortschritten im Labor und der schnellen Skalierung der Technologie ab.
Wer bereit ist die genannten Risiken zu tragen und Quantencomputing für "The next big thing" hält, der sollte sich nach dem starken September von IonQ auf die Lauer legen und Einstiegskurse um die 65 US-Dollar abwarten.
Die Aktie von IonQ ist schon seit Anfang Juni im Depot der wO Börsenlounge und hat seitdem rund 70 Prozent zugelegt. Schauen Sie doch mal in die neue Folge rein. Dort habe ich meine 5 DAX-Favoriten für das letzt Quartal des Jahres vorgestellt.
Markus Weingran, Chefredakteur wallstreetONLINE Börsenlounge
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