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Die Deutsche Telekom steckt in der Krise. Trotz euphorischer Analystenstimmen verlor die Aktie im September deutlich an Wert. Jetzt kommt auch noch ein Führungswechsel zur Unzeit. Claudia Nemat, die Architektin der Digitalisierungsstrategie, verlässt das Unternehmen genau dann, wenn KI und 5G über die Zukunft entscheiden. Ihr Nachfolger muss eine Doppelbelastung schultern. An der Börse zeigt sich die Verunsicherung. Die Aktie steht mit gut 20 Prozent Minus seit dem Märzhoch unter Druck. Analysten reden zwar von Kurszielen über 43 Euro, doch die Realität sieht anders aus. Die Frage scheint zu sein, nicht mehr ob, sondern wann die 25-Euro-Marke fällt.
Analystenstimmen verpuffen wirkungslos
Die Situation wirkt paradox. Gleich drei renommierte Häuser empfahlen die Telekom-Aktie im September zum Kauf. J.P. Morgan sieht ein Kurspotenzial von 50 Prozent und nennt 43,50 Euro als Ziel. UBS blieb bei 36,10 Euro und Bernstein Research bei 40 Euro. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei dennoch über 40 Euro. Doch was nützen die schönsten Prognosen, wenn der Markt nicht mitspielt? Die Anleger haben sich offenbar anders entschieden. Von über 31 Euro Ende August ging es runter auf 29 Euro. Ein weiterer Verlust, der schmerzt. Die Aktie notiert mittlerweile 20 Prozent unter ihrem Märzhöchststand von 35,90 Euro. Die Analysten scheinen den Ernst der Lage zu verkennen. Ihre Kaufempfehlungen verhallten praktisch wirkungslos. Der Markt hat sein Urteil gefällt und es fällt gelinde gesagt nicht positiv aus.
Führungschaos
Mitten im KI- und 5G-Boom verliert die Telekom ihre Schlüsselfigur. Claudia Nemat prägte seit 2017 als Technologie-Vorständin die strategische Ausrichtung maßgeblich. Sie verantwortete den 5G-Ausbau, die Digitalisierung der Infrastruktur und die KI-Strategie. Ihr plötzlicher Abgang hinterlässt eine gewaltige Lücke. Dr. Abdu Mudesir muss nun die Rolle übernehmen und gleichzeitig das Deutschland-Geschäft weiterführen. Diese Doppelbelastung kommt zur Zeit, wo man es nicht gebrauchen kann. Bei T-Mobile US in den USA steht ebenfalls ein Chefwechsel an. Mike Sievert gibt seinen Posten ab, Srini Gopalan übernimmt. Der US-Mobilfunkmarkt zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen. Das Kundenwachstum verlangsamt sich, der Preiskampf verschärft sich. Verbraucher zahlen nicht mehr für Premium-Tarife. Die Integration übernommener Kunden kostet Kraft und Geld. Zwei Führungswechsel gleichzeitig wirken wie ein gefährliches Experiment. J.P. Morgan spricht zwar von guten Wachstumsaussichten, räumt aber kleinere strategische Fehltritte ein. Das klingt nach Schönreden in schwierigen Zeiten.
Charttechnik
Die charttechnische Lage verschlechtert sich zusehends. zuletzt bildete sich ein neues Halbjahres-Tief. Das ist ein klassisches Short-Signal. Die Aktie fällt immer wieder zurück, sobald sie sich leicht erholt. Das ist mittlerweile Stagnation auf niedrigem Niveau. Der Abwärtstrend seit März bleibt dennoch intakt. Die psychologisch wichtige 30-Euro-Marke wurde nach unten durchbrochen. Nun droht der nächste Halt erst bei 25 Euro. Die Bullen haben kapituliert, die Bären übernehmen das Kommando. Selbst das Rating-Upgrade von Moody's auf A3 verpuffte ohne Wirkung. Die Börse interessiert sich offenbar nicht für Bonitätsnoten, sondern für harte Fakten. Die nächsten Quartalszahlen am 13. November werden zeigen, ob die Prognosen realistisch sind. Ein bereinigtes EBITDA von 45 Milliarden Euro für 2025 klingt ambitioniert. Der freie Cashflow soll bei 20 Milliarden Euro liegen. Ob das reicht, um die Anleger zurückzugewinnen, bleibt fraglich. Der RSI liegt bei 36 Punkten und der Kurs unterhalb von beiden wichtigen SMAs (50er und 200er). Somit glasklarer Abwärtstrend.
Was tun?
Die Faktenlage spricht eine deutliche Sprache. Die fundamentalen Daten wirken zwar solide, doch die Realität an der Börse sieht anders aus. Das organische Umsatzwachstum von 3,7 Prozent in den ersten sechs Monaten reicht nicht aus, um die Anleger zu überzeugen. Das EBITDA-Plus von 5,2 Prozent ist ordentlich, aber keine Sensation. Der Glasfaserausbau mit 218.000 neuen Anschlüssen im August zeigt Fortschritte, doch die Investitionen fressen Kapital. Die Dividende von voraussichtlich einem Euro für 2025 bietet nur mageren Trost. Bei einem Kurs von unter 29 Euro entspricht das einer Rendite von etwa 3,5 Prozent. Das ist nicht schlecht, aber auch kein Kaufargument in unsicheren Zeiten. Die Charttechnik sendet eindeutig negative Signale. Der anhaltende Abwärtstrend und die schwache Kursreaktion auf positive Nachrichten sprechen Bände. Der Führungswechsel auf zwei Ebenen gleichzeitig erhöht das Risiko deutlich. Anleger sollten überlegen ihre Positionen eng abzusichern. Ein Rutsch auf 25 Euro erscheint derzeit wahrscheinlicher als eine Erholung.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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