
© Foto: fn Symbolbild
Der Rüstungskonzern aus Düsseldorf nähert sich der magischen 2.000-Euro-Marke, doch unter der glänzenden Oberfläche brodelt es gewaltig. Während Analysten mit Kurszielen von 2.500 Euro um sich werfen und Anleger jeden Tag auf neue Rekorde hoffen, mehren sich die Warnsignale. Die Bewertung hat sich von der Realität schon merklich abgekoppelt, technische Indikatoren blinken rot, und die Euphorie erinnert an klassische Blasenbildungen. Was auf den ersten Blick wie eine unaufhaltsame Erfolgsgeschichte aussieht, könnte sich schon bald als gefährliche Utopie entpuppen. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann die Luft aus dem aufgeblasenen Kursballon entweicht. Kluge Investoren sollten jetzt genau hinschauen, denn hinter den vollmundigen Versprechungen und Rekordmeldungen verbirgt sich eine bedenkliche Schieflage. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob der Höhenflug tatsächlich weitergeht oder ob Rheinmetall vor einem bösen Erwachen steht.
Fundamentale Überbewertung erreicht kritisches Niveau
Die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Rheinmetall wird an der Börse derzeit mit einem Vielfachen dessen bewertet, was das Unternehmen wirtschaftlich rechtfertigen kann. Der Kurs hat sich innerhalb von zwölf Monaten mehr als verdreifacht. Das ist ein Tempo, das selbst in Boomzeiten als ungesund gilt. Dabei sind die tatsächlichen Geschäftszahlen längst nicht so glänzend, wie es der Aktienkurs suggeriert. Die Auftragseingänge klingen zwar beeindruckend, doch zwischen Auftrag und tatsächlichem Umsatz liegen oft Jahre. Die angekündigten Lieferungen erstrecken sich bis 2027, während die Börse so tut, als würde das Geld bereits morgen auf dem Konto landen. Besonders problematisch ist der Vergleich mit Wettbewerbern. DroneShield aus Australien zeigt exemplarisch, wohin überhitzte Rüstungsphantasien führen können. Das Unternehmen erreichte vor wenigen Tagen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 100, bevor die Aktie deutlich einbrach. Bei einem erwarteten Umsatz von vielleicht 150 Millionen Euro rechtfertigte der Markt einen Börsenwert von 2,5 Milliarden Euro. Auch wenn Rheinmetall deutlich größer ist, hat sich hier ein ähnliches Muster entwickelt. Die Anleger wetten auf zukünftige Gewinne, die möglicherweise nie in dieser Höhe eintreten werden. Die geopolitische Lage in Europa mag angespannt sein, doch ob daraus tatsächlich die erhofften Milliardenaufträge resultieren, steht in den Sternen. Erste Verzögerungen bei Projekten wie der F126-Fregatte deuten darauf hin, dass der Weg holpriger werden könnte als gedacht.
Charttechnik
Aus technischer Sicht präsentiert sich Rheinmetall in einer hochgefährlichen Position. Die Aktie schwebt weit oberhalb aller relevanten gleitenden Durchschnitte. Das ist ja nicht mal so schlecht, aber der Abstand zum 200-Tage-Durchschnitt ist beunruhigend hoch - knapp 30 Prozent. Solche Überhitzungen enden erfahrungsgemäß selten gut. Besonders gefährtlich sind die negativen Divergenzen im Relative-Stärke-Index. Während der Kurs neue Höchststände markiert, kommt der RSI nicht mehr hinterher. Das ist ein klassisches Erschöpfungssignal, das erfahrene Trader sofort erkennen. Der Index zeigt, dass die Kaufkraft nachlässt, obwohl die Kurse noch steigen. Die 2.000-Euro-Marke könnte noch fallen, das stimmt. Doch danach könnte eine brutale Korrektur drohen. Erste Ziele liegen bei 1.750 Euro (in der Nähe des 50er SMA), wo eine kleine Unterstützungszone wartet. Hält diese nicht, was durchaus wahrscheinlich erscheint, geht die Reise weiter nach unten. 1.500 Euro (200er SMA) sind dann keine pessimistische Spinnerei mehr, sondern eine realistische Projektion. Der Weg nach oben war steil und schnell - der Weg nach unten wird es auch sein. Die technischen Indikatoren sprechen derzeit eine eindeutige Sprache. Anleger, die jetzt noch einsteigen, kaufen möglicherweise an der Spitze ein und riskieren schmerzhafte Verluste. Selbst wer bereits investiert ist, sollte ernsthaft über Gewinnmitnahmen nachdenken.
Was tun?
Alle Faktoren zusammengenommen führen eher zu einer Verkaufsüberlegung. Die fundamentale Überbewertung ist offensichtlich, die charttechnischen Warnsignale mehren sich, und die Nachrichtenlage bietet keine Substanz für weitere Kurssteigerungen. Die jüngsten Unternehmensmeldungen klingen zwar positiv, doch bei genauerem Hinsehen bleiben sie dünn. Ein Munitionsauftrag über 444 Millionen Euro, von dem nur 274 Millionen als neuer Auftragseingang gelten, rechtfertigt keine Börsenbewertung im aktuellen Umfang. Die Expansion nach Ungarn mit 80 neuen Arbeitsplätzen ist nett, aber kein Gamechanger. Das potenzielle Fregatten-Geschäft hängt noch in der Schwebe und könnte sich als Rohrkrepierer entpuppen. Die Quartalszahlen Anfang November werden zur Bewährungsprobe. Doch selbst wenn sie gut ausfallen, bleibt die Bewertung problematisch. Ein erwarteter Gewinn von knapp 30 Euro je Aktie bei einem Kurs um 2.000 Euro ergibt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 67 - erscheint manchem Marktteilnehmer viel zu hoch. Normale Verhältnisse liegen bei 20 bis 30. Selbst optimistische Wachstumsannahmen rechtfertigen diese Bewertung nicht. Der Markt hat sich in einen Rausch hineingesteigert, der mit der wirtschaftlichen Realität nichts mehr zu tun hat. Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
Haftungsausschluss/Disclaimer
Die hier angebotenen Artikel dienen ausschließlich der Information und stellen keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen dar. Sie sind weder explizit noch implizit als Zusicherung einer bestimmten Kursentwicklung der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals und - je nach Art des Investments - sogar zu darüber hinausgehenden Verpflichtungen, bspw. Nachschusspflichten, führen können. Die Informationen ersetzen keine auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatung. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird weder ausdrücklich noch stillschweigend übernommen. Finanznachrichten.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinerlei Einfluss. Finanznachrichten.de hat bis zur Veröffentlichung der Artikel keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand der Artikel. Die Veröffentlichungen erfolgen durch externe Autoren bzw. Datenlieferanten. Infolgedessen können die Inhalte der Artikel auch nicht von Anlageinteressen von Finanznachrichten.de und/oder seinen Mitarbeitern oder Organen bestimmt sein.