
© Foto: fn Symbolbild
Bei Evotec herrscht das blanke Chaos. Die Zahlen sind miserabel, die Aktie stürzt ins Bodenlose, und ein Ende ist nicht in Sicht. Der Hamburger Wirkstoffentwickler kämpft mit massiven Problemen im Kerngeschäft. Die Aufträge bleiben aus, die teuren Anlagen stehen still, und die Verluste explodieren förmlich. Der Sandoz-Deal sollte Rettung bringen, doch in nichts ist passiert, nur die Aktie verliert weiter an Wert. Jeden Tag wird es anscheinend mehr. Charttechnisch ist das Papier eine einzige Katastrophe. Alle Unterstützungen sind gebrochen. Langsam stellt sich die bange Frage: Kann nur noch eine Übernahme helfen? Doch wer soll dieses, verzeihen Sie bitte die Wortwahl, "Wrack" überhaupt kaufen wollen? Bei diesen Zahlen und dieser Perspektive wird selbst der mutigste Konzern die Finger davon lassen.
Quartalszahlen sind ein einziges Desaster
Die vorgelegten Zahlen lesen sich wie ein Horrorroman. In den ersten neun Monaten brach der Umsatz weiter ein, auf magere 535 Millionen Euro nur noch. Das bereinigte operative Ergebnis ist noch schlimmer. Der Verlust hat sich fast verdreifacht auf knapp 17 Millionen Euro. Das Kerngeschäft mit der Wirkstoffentwicklung liegt am Boden. Die Aufträge kommen einfach nicht mehr rein. Kaum einer will mehr bei Evotec bestellen. Die Konkurrenz ist oft billiger, schneller, besser aufgestellt. Dazu kommt eine katastrophale Unterauslastung. Die Labore und Produktionsanlagen stehen weitgehend leer. Trotzdem laufen die horrenden Fixkosten munter weiter. Das frisst Monat für Monat Millionen auf. Die Biotech-Tochter JEB sollte eigentlich Hoffnung bringen, entwickelt sich aber zum Milliardengrab. Die Anlaufkosten für das Werk in Toulouse belasten die Bilanz massiv. Es wurde ein Nettoverlust von 118 Millionen Euro verbucht; zwar weniger als im Vorjahr. Geschuldet ist dies aber nur den Sparmaßnahmen und dem Stellenabbau. Das Management versucht verzweifelt, das Schiff über Wasser zu halten. Aber es sinkt trotzdem.
Sandoz-Deal ist purer Ausverkauf
Jetzt kommt der Deal mit Sandoz. Evotec verkauft die JEB-Anlage in Toulouse für 350 Millionen Dollar. Dazu gibt es eine unbefristete Lizenz für die Biologika-Technologie. Das riecht nach frischem Geld und endlich Luft zum Atmen, doch bei genauem Hinsehen ist das der blanke Ausverkauf. Evotec trennt sich von einem zukunftsträchtigen Bereich. Die Technologie für Biologika ist wertvoll, vielleicht sogar das Wertvollste, was das Unternehmen noch hat. Und jetzt wird es für einen einmaligen Batzen Geld verscherbelt. Die Lizenzvereinbarung klingt zwar gut. Unbegrenzte Moleküle, erfolgsabhängige Meilensteine. Aber die richtig lukrativen Zahlungen gibt es nur für zehn Moleküle. Danach ist Schluss mit den großen Einnahmen. Das ist keine strategische Weitsicht. Das ist reine Not. Man verkauft das quasi das Wertvollste, um wenigstens seine Rechnungen und seine Miete zu bezahlen. Kurzfristig bringt das Entlastung. Langfristig fehlt aber genau diese Technologie für künftiges Wachstum. Die Anleger haben das sofort durchschaut. Nach kurzer Euphorie kam die Ernüchterung. Der Kurs knickte wieder ein.
Charttechnik
Der Chart ist gelinde gesagt unschön. Die Aktie steht bei schwachen 5,35 Euro. Seit Jahresanfang summiert sich das Minus auf fast 30 Prozent. Wer Anfang des Jahres gekauft hat, sitzt auf einem Scherbenhaufen. Jede Erholung wird gnadenlos verkauft. Niemand traut diesem Papier mehr über den Weg. Alle wichtigen Unterstützungen sind pulverisiert. Es gibt keine Haltelinie mehr, an der sich der Kurs stabilisieren könnte. Außer vielleicht noch die, bei knapp über 5 Euro, wo das letzte Tief aus August und Oktober 2024 war. Der Abwärtstrend ist intakt und gnadenlos für Rebounds. Technisch orientierte Anleger machen einen großen Bogen um diese Aktie. Und das zu Recht. Es gibt keinerlei Anzeichen für eine Bodenbildung. Im Gegenteil, jeder Versuch nach oben wird sofort abgewürgt. Die Verkäufer haben das komplette Kommando übernommen. Die Käufer sind verschwunden. So sieht ein Bärenmarkt in Reinform aus. Solange sich an dieser Dynamik nichts ändert, geht es weiter bergab. Wo der Boden ist, weiß derzeit keiner. Vielleicht bei vier Euro. Vielleicht auch tiefer.

Was tun?
Die Lage bei Evotec ist schier zum Verzweifeln. Der Sandoz-Deal bringt kurzfristig Geld. Er löst aber keines der zugrundliegenden Probleme richtig. Das Kerngeschäft läuft nicht. Verluste häufen sich an. Das Vertrauen schwindet.. Manche Analysten halten noch an ihren Kaufempfehlungen fest. Ihre Kursziele von 8, 9 oder gar mehr Euro wirken angesichts der Realität zunehmend absurd. Die Fundamentaldaten sind eindeutig. Evotec ist in einer schweren Krise. Die Charttechnik zeigt gen Süden. Keine Trendwende in Sicht. Vielleicht könnte eine Übernahme durch einen größeren Konzern noch was retten, aber welcher vernünftige Konzern greift bei dieser Gemengelage zu? Die Zahlen sind miserabel, die Perspektiven düster, die Technologie teilweise schon verkauft. Kaum einer oder gar niemand vernünftiges wird sich das freiwillig ans Bein binden. Das Risiko für weitere massive Kursverluste ist enorm. Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum sich diese Talfahrt stoppen sollte. Die Geschichte bei Evotec scheint vorerst zu Ende erzählt.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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