
Andre Kolbinger hat bei der Smartbroker Holding für die kommenden Jahre viele Pläne und Ideen. Das macht er im Exklusivinterview mit unserer Redaktion sehr deutlich.
Ausführlich geht Kolbinger auf einzelne Punkte seiner Agenda ein. Die Marketingaktivitäten sollen weiter verstärkt werden, die Zahl der Kunden soll jährlich sechsstellig wachsen. Dabei gibt er zu, dass einige Pläne eher konservativ sind. Hier kann also noch so manche Überraschung schlummern. Kolbinger spricht außerdem über weitere Expansionspläne, die Aktienkultur und neue Funktionen für den Online-Broker.
Bei Trade Republic soll es einen Deal mit einer Bewertung von 12,5 Milliarden Euro geben. Nun unterscheiden sich die TR-Kunden von den Smartbroker-Kunden zwar, aber kann man hieraus etwas zur eigentlichen Bewertung des Smartbrokers ableiten?
Kolbinger: Nein, beziehungsweise nur sehr eingeschränkt. Unternehmensbewertungen ergeben sich aus einer Vielzahl von Faktoren, darunter Kundenwachstum, Kundenqualität, Nachhaltigkeit der Kundenbeziehung, Rentabilität pro Kunde sowie Marktpotenzial. Zusätzlich spielen oft Erwartungen oder Unsicherheiten eine Rolle. Grundsätzlich ist das Brokerage-Geschäft von einem hohen Vertrauensverhältnis geprägt: Kunden übertragen ihrem Broker ihr Spar- und Investitionskapital. Erfüllt ein Broker dauerhaft die Erwartungen seiner Kunden, entsteht eine sehr hohe Loyalität. Wir sehen Kündigungsraten von unter drei Prozent pro Jahr, ein Wert, der nur in sehr wenigen Branchen erreicht wird. Dadurch entstehen hohe Unternehmenswerte.
Trade Republic expandiert in andere europäische Länder. Folgt Smartbroker dem?
Kolbinger: Derzeit noch nicht. Perspektivisch halte ich eine Expansion in ein bis zwei Jahren für grundsätzlich realistisch, dann jedoch in selektivem Umfang.
Im deutschen Markt steigt die Konkurrenz der Neobroker, welche Gefahren bringen Robinhood und andere neue Anbieter für den Smartbroker+?
Kolbinger: Neue Anbieter in der Größenordnung von Robinhood & Co. haben eine ambivalente Wirkung. Einerseits erhöhen sie massiv die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Kapitalmarkt und tragen damit zur Verbreiterung der Aktienkultur bei. Die Bundesbank weist inzwischen über 34 Millionen Wertpapierdepots in Deutschland aus. Innerhalb von rund fünf Jahren ist das ein Zuwachs von mehr als zehn Millionen Depots. Dieses Wachstum wäre ohne Anbieter wie Trade Republic in dieser Form kaum möglich gewesen. Smartbroker+ ist heute sowohl in der Produktbreite als auch in der Produkttiefe stärker aufgestellt als die bekannten Neobroker. Während viele Neobroker nach dem Prinzip einer starken Reduktion auf wenige Handelspartner arbeiten, bieten wir das Produktspektrum eines klassischen Online-Brokers zu Neobroker-Konditionen. Dank unserer eigenen IT-Plattform verfügen wir zudem über eine hohe Innovationsgeschwindigkeit und werden in den kommenden Monaten und Jahren Funktionen entwickeln, die für unsere Kunden einen deutlichen Mehrwert darstellen werden, noch zusätzlich zu den unschlagbaren Preisen.
Mit unseren Produkt sind wir übrigens Testsieger bei Finanztest, Finanzfluss und Finanztip.
Wie sicher werden die gerade erhöhten Ziele für 2025 erreicht - oder gibt es am Ende sogar noch eine weitere Überraschung?
Kolbinger: Wir sind sehr optimistisch, dass wir die zuletzt am 27.11.25 erhöhten Ziele erreichen werden.
Wie hat sich die hohe Volatilität an den Märkten auf Depotgrößen und Tradingverhalten ihrer Kunden ausgewirkt?
Kolbinger: Die durchschnittlichen Depotgrößen sind bei uns seit vielen Jahren stabil und liegen bei über 50.000 Euro pro Kunde. Das Tradingverhalten korreliert im Wesentlichen mit der Marktvolatilität. Da wir das Produkt in den vergangenen zwei Jahren konsequent weiterentwickelt und insbesondere die Anforderungen tradingorientierter Kunden adressiert haben, profitieren wir davon, dass unsere Kunden Smartbroker zunehmend aktiver nutzen und ein steigendes Handelsvolumen generieren.
Wie stark sind die Wanderbewegungen der Kunden zwischen den Brokern wie Smartbroker, flatex, Trade Republic etc. Werden eher parallel mehrere Depots geführt oder wechseln Kunden komplett?
Kolbinger: Insgesamt beobachten wir eine deutliche Wanderung hin zum Smartbroker von den genannten Anbietern. Zudem eröffnen Kunden heute schneller zusätzliche Depots, um neue Broker zu testen.
Wie werden sich die Investitionen in Marketing und Produkte beim Smartbroker 2026 auf die Ergebnisse auswirken?
Kolbinger: Eine konkrete Guidance für 2026 werden wir erst im Februar 2026 veröffentlichen. Langfristig ist ein exzellentes Produkt der zentrale Hebel für Kundenzufriedenheit und nachhaltiges Kundenwachstum. Darauf liegt unser Fokus. Ergänzend planen wir, die Marketingaktivitäten zur Neukundengewinnung im Jahr 2026 nochmals zu verstärken. Ein Zielwert von 100.000 Neukunden ist dabei realistisch.
Sie haben eine Marktkapitalisierung von weit über 200 Millionen Euro, sind aber immer noch im Freiverkehr gelistet. Wird sich dies in Zukunft ändern?
Kolbinger: Im Jahr 2026 wird sich daran nichts ändern.
Verstärkt fokussieren Sie sich auf den Online-Broker. Sehen Sie demnach im Media-Geschäft keine wirklichen Chancen mehr für weiteres Wachstum?
Kolbinger: Auch im Media-Geschäft sind wir in den vergangenen zwei Jahren gewachsen. Das Brokerage bietet jedoch deutlich höhere Skaleneffekte. Zudem gehen wir davon aus, dass sich Investitionen in Brokerage schneller und nachhaltiger amortisieren. Bei Smartbroker+ liegen die Kündigungsraten bei unter drei Prozent pro Jahr. Rein rechnerisch generieren wir damit über einen Zeitraum von rund 15 Jahren Erträge pro Kunde.
In den kommenden Jahren wollen Sie jeweils 100.000 Neukunden beim Smartbroker+ begrüßen. Ist dies nicht etwas konservativ gedacht?
Kolbinger: Wir verfolgen bewusst einen konservativen Planungsansatz. Die Zielgrößen werden wir mindestens einmal jährlich im Rahmen der Hauptversammlung überprüfen und an die aktuelle Markt- und Produktsituation anpassen.
Wird es beim Smartbroker+ Partnerschaften, z.B. mit Finanzgesellschaften oder auch mit anderen Unternehmen geben, die für weiteres Wachstum sorgen?
Kolbinger: Derzeit sind keine entsprechenden Partnerschaften geplant.
Welche Pläne haben Sie bei der Entwicklung des Smartbroker+ im kommenden Jahr?
Kolbinger: Wir planen eine Vielzahl kleinerer Produktverbesserungen sowie mehrere größere Innovationen. Diese werden wir sukzessive in unseren monatlichen KPI-Calls vorstellen.
Wenn Sie der Bundesregierung hinsichtlich der Aktienkultur einen Tipp geben dürften: Welcher wäre das?
Kolbinger: Ein Blick in die USA oder die skandinavischen Länder wäre hilfreich. Statt zusätzliche Komplexität zu schaffen, sollte der Fokus auf Vereinfachung und Geschwindigkeit liegen.
Bleibt es auch 2026 dabei, dass Sie den Kunden ein Zinskonto anbieten?
Kolbinger: Ja. Wir haben dieses Angebot kürzlich erweitert. Aktuell bieten wir neben dem unverzinslichen Verrechnungskonto ein echtes Tagesgeldkonto an. Für Einlagen bis 100.000 Euro erhalten Kunden den EZB-Einlagenzins minus 0,25 Prozent. Seit Dezember 2025 verzinsen wir zudem automatisch Beträge über 100.000 Euro bis 1.000.000 Euro pro Kunde mit dem EZB-Einlagenzins minus 0,5 Prozent.
Benötigen Sie für das weitere Wachstum zusätzliches, frisches Kapital?
Kolbinger: Diese Überlegung verfolgen wir derzeit nicht.
Auf dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse sprachen Sie über eine Art von Loyalitätsprogramm. Was hat es damit auf sich?
Kolbinger: Dazu können wir aktuell noch keine weiteren Details nennen. Grundsätzlich stellen wir wesentliche Produktinnovationen erst dann ausführlich vor, wenn sie tatsächlich live verfügbar sind.
Dieses Interview ist eine Kooperation von wallstreetONLINE mit der Redaktion von www.4investors.de.
Enthaltene Werte: DE000A2GS609


