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Der Stuttgarter Autoriese gerät unter Druck. Ein weltweiter Rückruf von 223.000 Fahrzeugen wegen defekter Airbags trifft Mercedes zur denkbar ungünstigen Zeit. Doch das ist noch nicht alles. Der Konzern stoppt zusätzlich die Produktion seiner E-Luxuslimousinen in den USA. Die Aktie pendelt um die 51-Euro-Marke und kämpft mit dem negativen Newsflow. Anleger fragen sich jetzt, ob das der Beginn einer größeren Krise ist, oder nur ein vorübergehender Rückschlag. Die Quartalszahlen am 30. Juli könnten jetzt entscheidend werden. Was Investoren wissen müssen und wie es mit der Aktie weitergeht.
Sicherheitsrückruf belastet das Geschäft
Mercedes steht vor einem teuren Problem. Der Konzern muss weltweit 223.000 Transporter der Modelle Viano und Vito zurückrufen. Betroffen sind Fahrzeuge aus den Jahren 2002 bis 2006. Der Grund für den Rückruf ist brisant. Bei Reparaturen könnten fehlerhafte Airbag-Module eingebaut worden sein. Diese Airbags können im Ernstfall explodieren und Metallteile in den Innenraum schleudern. Für die Insassen wird der lebensrettende Airbag zur tödlichen Falle. Die Airbag-Problematik verfolgt die Autoindustrie schon seit Jahren. Der Zulieferer sorgte für einen der größten Rückruf-Skandale der Geschichte. Millionen Fahrzeuge verschiedener Hersteller waren betroffen. Mercedes reagiert diesmal schnell und informiert alle Kunden schriftlich. Die Reparatur in der Werkstatt dauert nur eine Stunde und kostet nichts. Trotzdem entstehen dem Konzern millionenschwere Kosten. Auch wenn Mercedes diese problemlos stemmen kann, sendet der Rückruf ein schlechtes Signal. Gerade die Nutzfahrzeugsparte soll eigentlich stabilen Cashflow liefern. Solche Probleme kann der Konzern jetzt nicht gebrauchen.
E-Auto-Offensive gerät ins Stocken
Noch schwerer wiegt die zweite Hiobsbotschaft. Mercedes stoppt ab September die Produktion seiner elektrischen Luxuslimousinen EQE und EQS in den USA. Die Bestellbücher werden geschlossen. Neue Kunden gehen leer aus. Die Gründe bleiben rätselhaft. Mercedes schweigt sich über die Hintergründe aus. Branchenkenner vermuten einen Nachfrageeinbruch am wichtigen US-Markt. Während andere Märkte weiter beliefert werden, zeigt ausgerechnet Amerika Schwächen. Das trifft Mercedes hart. Die USA sind ein Schlüsselmarkt für Premium-Elektroautos. Hier verdient der Konzern gutes Geld mit teuren Modellen. Der EQS kostet dort über 100.000 US-Dollar. Jeder verkaufte Wagen bringt satte Gewinne. Der Produktionsstopp wirft Fragen zur E-Strategie auf. Mercedes hat Milliarden in die Elektromobilität investiert. Die neuen Modelle sollen den Wandel vorantreiben. Wenn jetzt die Nachfrage schwächelt, wird die Transformation teurer als geplant. Besonders bitter: Während Tesla weiter wächst, kämpft Mercedes um Marktanteile. Die deutschen Premiumhersteller haben den Trend zu lange unterschätzt. Jetzt rächt sich die späte E-Offensive.
Charttechnik
Aus technischer Sicht befindet sich die Mercedes-Aktie in einer höchst kritischen Phase. Zuletzt gab es mit einem Anstieg in Richtung 53 Euro, im Hoch sogar bei 53,36 Euro einen zaghaften Ausbruchsversuch. Dieser wurde aber wieder schnell zunichte gemacht. Der Kurs pendelt aktuell um 51 Euro und kämpft mit dem negativen Newsflow. Seit dem Jahreshoch von 63,12 Euro im März dieses Jahres fehlt jede Aufwärtsdynamik. Immerhin gelang es der Aktie, den monatelangen mittelfristigen Abwärtstrend zu durchbrechen. Der 50er SMA notiert aktuell bei 51,20 Euro. Der Kurs liegt zur Zeit noch knapp darüber. Ein paar Cent nach unten und der mittelfristige Abwärtstrend ist wieder negativ. Der 200er SMA deutet sowieso noch nach unten. Er liegt einige Euro über dem aktuellen Kurs. Ein nachhaltiger Befreiungsschlag, wie zuletzt gesehen, sieht anders aus. Jetzt droht ein erneuter Test der 50-Euro-Marke. Fällt diese wichtige Unterstützung, könnte es schnell Richtung 45 Euro gehen. Dort hatte die Aktie im April ihr Jahrestief markiert. Für eine echte Trendwende müsste Mercedes über 55 Euro steigen. Erst dann würden sich die charttechnischen Aussichten aufhellen. Die nächsten Handelstage werden entscheidend. Können die Bullen die 50-Euro-Marke verteidigen oder übernehmen wieder die Bären das Kommando? Die Quartalszahlen am 30. Juli könnten den Ausschlag geben. Der RSI liegt derzeit bei entspannten 47 Punkten.
Was tun?
Mercedes durchlebt schwierige Zeiten. Der Rückruf kostet Geld und schadet dem Image. Der Produktionsstopp in den USA wirft Fragen zur E-Strategie auf. Die Aktie reagiert bisher erstaunlich gelassen auf die schlechten Nachrichten. Das könnte sich aber ändern, wenn die Quartalszahlen enttäuschen. Analysten erwarten bereits schwächere Ergebnisse. Die Margen stehen unter Druck. Das China-Geschäft schwächelt. E-Autos verkaufen sich schleppend. Charttechnisch steht die Aktie vor wichtigen Marken. Die 50-Euro-Marke muss gehalten werden. Andernfalls droht ein Rutsch zum Jahrestief, bzw. noch weiter darunter. Sogar 30-35 Euro wären möglich. Für Anleger empfiehlt sich derzeit eher eine abwartende Haltung. Wer investiert ist, sollte die Quartalszahlen abwarten. Neue Käufe sind erst nach einer charttechnischen Stabilisierung sinnvoll.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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