
© Foto: fn Symbolbild
Die Infineon-Aktie zeigt derzeit ein gespaltenes Gesicht. Während private Anleger nervös auf jeden Kursrückschlag reagieren, nutzen institutionelle Schwergewichte wie der norwegische Staatsfonds die Schwäche für weitere Zukäufe. Das Unternehmen steckt mitten in einer typischen Halbleiter-Durststrecke, doch die Zeichen mehren sich, dass sich Geduld auszahlen könnte. Goldman Sachs hat gerade erst das Kursziel von 38 auf 41,50 Euro angehoben und bleibt optimistisch. Gleichzeitig enttäuschen die Quartalsprognosen mit mageren Wachstumsraten. Nicht unbedingt ein Widerspruch, denn die Chip-Industrie durchlebt gerade ihre zyklische Talsohle, während smarte Geldgeber sich bereits für die nächste Aufschwungphase positionieren.
Norwegisches Vertrauen
Der norwegische Staatsfonds erhöhte seine Infineon-Beteiligung von 2,99 auf 3,03 Prozent und überschritt damit bewusst die Drei-Prozent-Marke. Mit über 39,5 Millionen Aktien im Wert von rund 1,5 Milliarden Euro setzt der Fonds ein starkes Zeichen. Das Timing wirkt fast schon provokant: Genau dann kaufen, wenn andere verkaufen. Die Logik dahinter ist simpel und bewährt. Staatsfonds denken in Jahrzehnten, nicht in Quartalen. Sie wissen, dass Halbleiter-Zyklen kommen und gehen. Infineon profitiert langfristig von Megatrends wie Elektromobilität und Energiewende. Diese Märkte entwickeln sich nicht linear, aber sie entwickeln sich. Norwegen setzt darauf, dass die aktuellen Probleme in der Autoindustrie nur ein Zwischentief darstellen.
Charttechnik
Die technische Analyse offenbart ein Problem bei der Infineon-Aktie. Im Bereich 37 bis 40 Euro beginnt eine massive Widerstandszone, die sich bis zum Hoch aus dem Jahre 2023 von 40,23 Euro erstreckt. Hier ist das Papier bereits mehrfach gescheitert. Der aktuelle Kurs von 37,42 Euro liegt vor einer entscheidenden Phase. Aber erst ein Ausbruch über 40,30 Euro würde das Tor zu Hochs bei 45 Euro öffnen. Das wäre das Signal für eine neue Aufwärtswelle. Doch die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt täglich. Zu viele Anleger haben bereits kräftig verdient seit dem Apriltief bei 23,40 Euro. Gewinnmitnahmen werden wahrscheinlicher. Die technischen Indikatoren sind gemischt. Der RSI liegt bei 68 Punkten und hat gerade die 70 von oben nach unten durchschnitten. Dies ist als Verkaufssignal zu werten. Hingegen liegen die beiden SMAs (50er und 200er) unterhalb des aktuellen Kurses und geben damit den Hinweis, dass der Aufwärtstrend sowohl mittel- als auch langfristig intakt ist. Kritisch wird es unter 35,20 Euro. Dort liegen wichtige Unterstützungen, die verteidigt werden müssen. Bricht diese Marke, droht ein Rückfall bis zu 32 Euro. Das würde ein übergeordnetes Verkaufssignal auslösen und könnte sogar Kurse unter 30 Euro ermöglichen.
Große Träume und harte Realität
Wie in der Überschrift schon angeklungen, sprechen die Geschäftszahlen eine nüchterne Sprache. Für das kommende Quartal erwarten Analysten einen Umsatz von etwa 3,7 Milliarden Euro. Das entspricht zwar einem Plus von drei Prozent zum Vorquartal, aber im Jahresvergleich stagniert das Wachstum bei 0 Prozent. Von der erhofften Trendwende keine Spur. Die Probleme liegen tiefer als nur in schlechten Quartalszahlen. Die Automobilindustrie ist ein Kernmarkt für Infineon. Und dieser schwächelt deutlich. Auch die Industriekonjunktur läuft nicht rund. Diese Märkte erholen sich nicht über Nacht. Entsprechend bleiben die Margen unter Druck. mwb research versieht die Aktie z. B. mit einem Kursziel von 37 Euro.
Was tun?
Kurzfristig überwiegen die Risiken, langfristig gibt es aber auch Chancen. Wer bereits investiert ist, kann die Position halten, sollte aber bei 35,20 Euro genauer hinschauen. Neueinsteiger hingegen können bei Kursen unter 35 Euro antizyklisch gestaffelt zugreifen, sollten aber Geduld mitbringen. Die nächste Aufwärtswelle sollte bestimmt wieder starten, nur wann, ist ungewiss. Bis dahin heißt es die Nerven bewahren und dem norwegischen Staatsfonds ein wenig Vertrauen schenken.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
Haftungsausschluss/Disclaimer
Die hier angebotenen Artikel dienen ausschließlich der Information und stellen keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen dar. Sie sind weder explizit noch implizit als Zusicherung einer bestimmten Kursentwicklung der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals und - je nach Art des Investments - sogar zu darüber hinausgehenden Verpflichtungen, bspw. Nachschusspflichten, führen können. Die Informationen ersetzen keine auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatung. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird weder ausdrücklich noch stillschweigend übernommen. Finanznachrichten.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinerlei Einfluss. Finanznachrichten.de hat bis zur Veröffentlichung der Artikel keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand der Artikel. Die Veröffentlichungen erfolgen durch externe Autoren bzw. Datenlieferanten. Infolgedessen können die Inhalte der Artikel auch nicht von Anlageinteressen von Finanznachrichten.de und/oder seinen Mitarbeitern oder Organen bestimmt sein.