
Novo Nordisk steht unter Druck: Nach einem überraschenden Führungswechsel und gesenkter Jahresprognose bricht die Aktie massiv ein. Analysten reagieren mit Abstufungen. Ist das Vertrauen endgültig verspielt?
2023 hatte Novo Nordisk die europäische Börsenwelt noch fest in der Hand. Der dänische Pharmakonzern krönte sich zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen des Kontinents. Die Fantasie rund um Wegovy und Opzempic elektrisierte die Anleger.
Mitte 2025 hat sich das Bild grundlegend gewandelt: Die Aktie des Pharmakonzerns verliert seit Jahresanfang rund die Hälfte ihres Werts und fällt auf den tiefsten Stand seit Februar 2022 zurück. Der Absturz markiert einen tiefen Einschnitt in die Erfolgsgeschichte eines Unternehmens, das lange als unerschütterlicher Börsenliebling galt. Steht Novo Nordisk vor einem Scherbenhaufen oder gibt es noch Hoffnung?
Novo Nordisk senkt Prognose und wechselt CEO - Aktie bricht ein
Der dänische Pharmakonzern hat zu Wochenbeginn mit einer Kombination aus Führungswechsel und gesenktem Ausblick für Verunsicherung am Markt gesorgt. Die Papiere von Novo Nordisk verloren im Tagesverlauf über 20 Prozent. Als Nachfolger des langjährigen CEO Lars Fruergaard Jørgensen wurde Maziar Mike Doustdar ernannt, der das Ruder am 7. August übernimmt.
Zugleich kappte der Hersteller der Blockbuster-Medikamente "Wegovy" und "Ozempic" seine Prognose für das Gesamtjahr. Hintergrund sind eine schwächere Nachfrage in den USA sowie zunehmender Wettbewerb im boomenden Markt für GLP-1-Medikamente zur Behandlung von Adipositas und Diabetes.
Novo Nordisk erwartet für das laufende Jahr nur noch ein operatives Gewinnwachstum von 10 bis 16 Prozent. Zuvor hatte das Unternehmen noch 16 bis 24 Prozent in Aussicht gestellt. Auch beim Umsatz wurde die Spanne nach unten angepasst. Der Konzern begründete dies mit einer langsamer als erwarteten Marktdurchdringung von "Wegovy" außerhalb der USA, dem anhaltenden Vertrieb illegal gemischter Präparate und steigendem Wettbewerbsdruck bei "Ozempic".
Die vollständigen Quartalszahlen werden am 6. August erwartet, doch bereits die vorgelegten Eckdaten enttäuschten: Der Gewinn je Aktie lag mit 5,96 dänischen Kronen unter den Analystenerwartungen von 6,04 Kronen.
Analysten sehen kurzfristig wenig Spielraum - langfristig bleibt Potenzial
Die überraschende Prognosekürzung und der Managementwechsel sorgten am Mittwoch für eine Welle von Abstufungen bei Analysehäusern. Die Ålandsbanken sieht zwar langfristig Potenzial, senkte ihre Einstufung jedoch von "positiv" auf "neutral". Man rechne nun mit schwächerem Wachstum bis mindestens 2027, betonte aber, dass ein fairer Wert der Aktie bei rund 600 Kronen liege, sobald Novo wieder auf den erwarteten Wachstumspfad zurückkehre.
Die Handelsbanken zeigt sich noch skeptischer und verweist auf ein impliziertes Nullwachstum in der neuen Prognosespanne für das zweite Halbjahr. Auch die Ernennung von Mike Doustdar als CEO wird kritisch hinterfragt.
Ähnlich vorsichtig agiert Barclays, das seine Einschätzung von "Übergewichten" auf "Gleichgewichten" herabstufte und das Kursziel drastisch von 700 auf 375 Kronen senkte. Oddo reduzierte das Kursziel von 610 auf 465 Kronen und stufte die Aktie ebenfalls auf "Neutral" zurück.
Kepler Cheuvreux hält an seiner Kaufempfehlung fest. Die Analysten sehen die Neubewertung als übertrieben und interpretieren die jüngsten Entwicklungen als strategischen Neustart. Das Kursziel bleibt bei 630 Kronen. Man erkenne zwar das belastete Sentiment, sieht aber in der aktuellen Schwächephase eine Kaufgelegenheit.
Mein Tipp: Anleger sollten vorerst Geduld mitbringen
Wie Reuters vor gut vier Wochen feststellte, scheint Novo Nordisk tatsächlich vom Erfolg seiner Abnehmmittel tatsächlich überrascht worden zu sein und hat in der Folge einige Weichen, besonders in den USA, falsch gestellt zu haben.
Jetzt befinden sich die Dänen in einer Übergangsphase, sowohl operativ als auch strategisch. Die Gewinnwarnung dürfte kurzfristig weiteren Druck auf die Aktie ausüben, insbesondere angesichts des skeptischen Analysten-Echos.
Dennoch bleibt der Konzern ein Schwergewicht im Wachstumsmarkt für Adipositas-Therapien. Gelingt es dem neuen Management, regulatorische Hürden und Marktwiderstände zu überwinden, könnte die Aktie langfristig wieder zu alter Stärke zurückfinden. Kurzfristig sollten Anleger jedoch mit anhaltender Volatilität rechnen.
Wer die Geduld mitbringt, die Volatilität auszuhalten, der dürfte dafür in ein bis zwei Jahren belohnt werden, wenn der neue Vorstand die Weichen jetzt richtig stellt.
Markus Weingran, Chefredakteur wallstreetONLINE Börsenlounge
Die wallstreetONLINE Börsenlounge ist ein beliebtes YouTube-Format, das sich auf das Thema Börse und Finanzen spezialisiert hat. Die Börsenlounge wird von der online-Finanzplattform wallstreetONLINE produziert und bietet den Zuschauern eine informative und unterhaltsame Show, die sich mit aktuellen Marktentwicklungen, Investitionstipps und Finanzthemen befasst. Täglich um 12 Uhr @wallstreetonlineTV
Übrigens: Zum Musterdepot der Börsenlounge geht es hier lang!
Enthaltene Werte: DK0062498333