
© Foto: thyssenkrupp Steel Europe
ThyssenKrupp erlebt eine bemerkenswerte Wandlung. Der traditionsreiche Stahlkonzern verdankt seine aktuelle Börsenrally vor allem der Marinesparte TKMS. Doch während die U-Boot-Bauer ihre Auftragsbücher füllen, hagelt es auch Rückschläge. Der verlorene Milliardenauftrag in Australien zeigt, dass der Weg zum reinen Rüstungskonzern steiniger ist als gedacht. Gleichzeitig treibt das Management die Abspaltung der lukrativen TKMS-Sparte voran. Für Anleger stellt sich die Frage, ob die Aktie nach dem fulminanten Kursanstieg noch ein Kauf wert ist?
Wahre Kursexplosion wegen Rüstungsboom
Die ThyssenKrupp-Aktie hat in diesem Jahr eine wahre Kursexplosion erlebt. Ein Plus von über 150 Prozent macht das Papier zu einem der stärksten Performer im MDax. Verantwortlich für diese Entwicklung ist primär die Marinesparte TKMS, die vom globalen Rüstungsboom profitiert. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. TKMS sitzt auf Aufträgen im Wert von fast 20 Milliarden Euro und ist die nächsten 15 - 20 Jahre damit ausgelastet. Als Weltmarktführer für nicht-nuklear betriebene U-Boote baut die Tochter derzeit 10 U-Boote der Klasse 212CD für Deutschland und Norwegen. Hinzu kommt ein fast 1 Mrd. schwerer Auftrag zur Modernisierung von 6 deutschen U-Booten. Das Management um Konzernchef Miguel Lopez treibt die Abspaltung von TKMS konsequent voran. Die Aktionäre würden entsprechend ihrer ThyssenKrupp-Beteiligung TKMS-Anteile erhalten.
Rückschläge dämpfen die Euphorie
Aber nicht alles läuft wie geplant. Australien hat den Auftrag für neue Fregatten nicht an TKMS vergeben. Stattdessen bekam ihn der japanische Konkurrent Mitsubishi Heavy Industries. Das ist ein schwerer Schlag für TKMS. Dabei war das deutsche Angebot sogar 20 Prozent günstiger. Auch die Technik war besser. Trotzdem entschied sich Australien für Japan. Der Grund: Die beiden Länder sind politisch eng verbunden. Sie wollen zusammen Chinas wachsenden Einfluss in der Region begrenzen. Der Auftrag war über zehn Milliarden Australische Dollar wert. Für TKMS wäre das ein großer Schritt auf dem internationalen Markt gewesen.
Charttechnik
Aus technischer Sicht präsentiert sich die ThyssenKrupp-Aktie nach dem spektakulären Anstieg in einer Konsolidierungsphase, die aber in einen Abwärtstrend münden könnte. Nach dem Höchststand bei 11,60 Euro pendelt das Papier aktuell nur noch um die 9,45 Euro Marke. Die Volatilität ist gestiegen und bleibt hoch, was die Unsicherheit der Anleger widerspiegelt. Positive Impulse könnten von der geplanten TKMS-Abspaltung ausgehen. Diese ist aber auch schon teilweise in den Kursen eskomptiert. Sollte diese erfolgreich über die Bühne gehen, könnte dies ein wenig neue Kursfantasie entfachen, je nachdem wie sich der Kurs entwickelt. Umgekehrt belasten die anhaltenden Probleme der Stahlsparte und verlorene Großaufträge die Stimmung. Ein Fall unter die 9 Euro-Marke würde vermutlich weitere Kursverluste auslösen. Diese könnte bis in die Region um 7 Euro fallen, wo der 200er SMA notiert. Der RSI notiert genau in der Mitte bei 50 und lässt Spielraum nach beiden Seiten zu. Erst Kurse oberhalb von 11,60 würden Luft bis 13 Euro bei Thyssen zugestehen. Dies ist aber im Moment nicht absehbar.
Was tun?
Die erfolgreiche Positionierung der TKMS-Sparte im boomenden Rüstungsmarkt ist beeindruckend. Mit einem prall gefüllten Auftragsbuch und langfristiger Planungssicherheit bietet diese Sparte erhebliches Wertsteigerungspotenzial. Dennoch sollten Anleger die Risiken nicht unterschätzen. Der verlorene Australien-Auftrag zeigt, dass internationale Rüstungsgeschäfte stark politisch geprägt sind. Die anhaltenden Probleme der Stahlsparte belasten zudem die Gesamtperformance des Konzerns. Für risikobereite Anleger bleibt ThyssenKrupp interessant. Die geplante TKMS-Abspaltung könnte erhebliche Werte freisetzen. Aber das Rückschlagpotenzial ist nicht von der Hand zu weisen, denn wenn die Aktie unter 9 Euro fällt, kann es recht zügig bis auf 7 Euro fallen. Konservative Investoren könnten dort eventuell auf Schnäppchenjagd gehen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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