
© Foto: Bayer AG
Der Leverkusener Pharmariese Bayer steckt in einem dramatischen Wandel. Nach Jahren des Kursabsturzes zeigt die Aktie seit Jahresbeginn plötzlich wieder Lebenszeichen. Doch die letzten Quartalszahlen entpuppten sich als gemischt. Während CEO Bill Anderson den Konzern radikal umbaut und bereits 12.000 Stellen gestrichen hat, belasten Milliardenrückstellungen für Rechtsstreitigkeiten weiterhin die Bilanz. Die Übernahme von Monsanto entpuppt sich als Jahrhundertfehler, der den Konzern an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Gleichzeitig sorgt ausgerechnet ein Fussball-Transfer von Fußballstar Florian Wirtz für Ärger bei Anlegern, die sich getäuscht fühlen. Kann Bayer die Kurve noch kriegen, oder droht weiteres Ungemach?
Der steinige Weg
Bill Anderson kämpft mit harten Bandagen gegen die hausgemachte Krise. Die 63 Milliarden US-Dollar teure Monsanto-Übernahme von 2018 hat dem Konzern eine beispiellose Klagewelle beschert. Über 61.000 Verfahren rund um den Unkrautvernichter Roundup und das giftige PCB sind noch anhängig. Der neue Chef reagiert mit drastischen Maßnahmen. 12.000 Jobs sind bereits gestrichen, weitere Entlassungen stehen bevor. Die Führungsebenen wurden halbiert, Bürokratie abgebaut. Anderson droht sogar damit, das Glyphosat-Geschäft in den USA komplett einzustellen. "Wir drehen jeden Stein um", verspricht er den genervten Aktionären.
Die jüngsten Quartalszahlen zeigen erste Erfolge, aber auch neue Probleme. Das bereinigte operative Ergebnis erreichte 2,1 Milliarden Euro. Allerdings profitierte dieses Resultat vom 150-Millionen-Verkauf des Fußballers Florian Wirtz an Liverpool. Viele Investoren fühlen sich getäuscht, weil Bayer diesen Sondereffekt zunächst verschwieg. Besonders bitter ist, dass für Rechtsstreitigkeiten weitere 1,7 Milliarden Euro zurückgestellt werden mussten. Die Nettofinanzverschuldung liegt bei 33,3 Milliarden Euro. Das ist mehr als die aktuelle Marktkapitalisierung.
Charttechnik
Der dramatische Kursrutsch zuletzt einige wichtige Unterstützungsmarken durchbrochen. Die Zone um 26 - 26,50 Euro und die wichtige 50-Tage-Linie bei 27,04 Euro sind gefallen. Dieser Bruch unter den langfristigen Durchschnitt gilt als Warnsignal für einen möglichen Trendwechsel - zumindest im mittelfristigen Bereich. Der längerfristige Trend, das zeigt der 200er SMA an, zeigt nach oben. Er liegt bei 23,21 Euro. Der RSI-Indikator notiert bei neutralen 48 Punkten. Die nächsten Unterstützungen liegen bei 24, 23,50 und 22 Euro, darunter droht ein Absturz bis zur kritischen Marke von 18,50 - 19,00 Euro. Dort hatte sich die Aktie 2024 und 2025 mehrfach gefangen. Ein Rückfall in diese Region würde das Vertrauen der Anleger schwer erschüttern. Für eine technische Erholung müsste die Aktie schnell über 26,50 Euro zurückkehren. Erst ein Sprung über 27,10 Euro würde die bearischen Signale neutralisieren und Raum bis 30 Euro schaffen.
Was tun?
Bayer befindet sich in einer Übergangsphase. Die Prognose für 2025 wurde zwar angehoben. Der Konzern erwartet nun bis zu 48 Milliarden Euro Umsatz. Doch Währungsrisiken und die anhaltende Rechtsunsicherheit belasten die Perspektiven. Positiv stimmt die Aussicht auf neue Produkte wie das Herbizid Icafolin. Auch die Stärkung der Pharma-Pipeline könnte mittelfristig Früchte tragen. CEO Anderson hat bis Ende 2026 Zeit, die Rechtsrisiken deutlich zu reduzieren. Für risikoscheue Anleger ist Bayer derzeit aber nicht geeignet. Die Aktie bleibt ein reiner Turnaround-Kandidat mit hohem Verlustrisiko. Wer dennoch einsteigen möchte, sollte auf eine Stabilisierung über 26,50 Euro warten. Aber auch dann nur mit striktem Stopp-Loss. Die fundamentalen Herausforderungen sind noch nicht gelöst. Ohne eine endgültige Beilegung der US-Klagen bleibt die Aktie schwer kalkulierbar. Geduldige Anleger könnten bei niedrigeren Kursen auf den Sanierungserfolg von Bill Anderson setzen. Das Risiko eines Teil- oder gar eines Totalverlustes sollte dabei aber einkalkuliert werden.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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