
© Foto: thyssenkrupp Steel Europe
Die Thyssenkrupp-Aktie liefert derzeit ein widersprüchliches Bild. Während die Marinetochter TKMS mit Rekordaufträgen glänzt und den Free Cashflow verdoppelt, kämpft die Stahlsparte Steel Europe ums Überleben.
Der Konzern hat seine Jahreszahlen vorgelegt. Für das laufende Geschäftsjahr stellt sich Thyssenkrupp auf einen Verlust zwischen 400 und 800 Millionen Euro ein. Schuld sind massive Rückstellungen für den Umbau der kriselnden Stahlsparte. Die Zahlen des abgelaufenen Jahres waren gemischt. Der Umsatz sank auf 32,8 Milliarden Euro. Immerhin verbesserte sich das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern auf 640 Millionen Euro. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 532 Millionen Euro, nach einem Milliardenverlust im Vorjahr. Doch dieser Gewinn ist geschönt durch Sondereffekte wie Wertzuschreibungen und Verkaufserlöse.
Marine-Sparte als Lichtblick im Konzern
Die Tochter TKMS schreibt eine ganz andere Geschichte als der Rest des Konzerns. Der Auftragseingang explodierte regelrecht und stieg um das Sechsfache auf 8,8 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand erreichte historische 18,2 Milliarden Euro, ein Plus von 55 Prozent. Der Free Cashflow verdoppelte sich auf 784 Millionen Euro. Norwegen verdoppelte seine Bestellung bei TKMS, was die Werften bis ins nächste Jahrzehnt auslastet. Am 22. Dezember steigt TKMS in den MDAX auf. Das Unternehmen plant erstmals eine Dividende. So sollen es zwischen 30 bis 50 Prozent des Nettogewinns für 2025/2026 sein.
Stahlsparte in der Abwärtsspirale
Ganz anders sieht es bei Steel Europe aus. Die Sparte durchläuft einen radikalen Schrumpfkurs. Die Einigung mit der IG Metall sieht den Abbau von rund 11.000 Stellen vor. Das sind 40 Prozent der Belegschaft. Die Produktionskapazität sinkt von 11,5 auf 8,7 bis 9 Millionen Tonnen. Die Vereinbarung läuft bis September 2030. Hintergrund sind schwache Nachfrage und zunehmender Wettbewerbsdruck durch asiatische Stahlhersteller. Das Management setzt auf substanzielle Einsparungen in Produktion, Verwaltung und Support. Der Auftragseingang im Gesamtkonzern stieg zwar auf 37,7 Milliarden Euro nach 32,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Doch das lag vor allem an Marine Systems. Bei Steel Europe und Materials Services war die Auftragslage weiterhin von nachfrage- und preisbedingten Rückgängen geprägt. Auch Automotive Technology verzeichnete eine rückläufige Nachfrage. Der Konzernumsatz entwickelte sich vor dem Hintergrund der schwächeren Marktdynamik rückläufig.

Charttechnik
Die Aktie hatte sich seit Ende November erholt und konnte in der Spitze über 15 Prozent zugelegt. Seit Jahresbeginn steht ein Plus von rund über 100 Prozent zu Buche. Doch vom Jahreshoch liegt der Kurs immer noch deutlich entfernt. Nach den enttäuschenden Zahlen droht nun ein weiterer Rückfall vielleicht sogar unter 8 Euro. Im RSI haben sich negative Divergenzen gebildet. Das deutet auf nachlassende Kaufkraft hin. Andererseits gilt auch: Wenn die Aktie nach oben durchbricht, können die Kurse durchaus weiter steigen. Das nächste charttechnische Ziel läge dann bei 10,50 Euro. Konservative Prognosen im Stahlbereich könnten den jüngsten Kursanstieg schnell zunichtemachen. Analysten sehen die Entwicklung unterschiedlich. Die DZ Bank stufte die Aktie von Verkaufen auf Halten hoch und setzte das Kursziel bei 11 Euro an. J.P. Morgan erhöhte das Kursziel von 6,30 auf 7,70 Euro bei neutralem Rating.
Was tun?
Thyssenkrupp befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Die Marine-Sparte liefert überzeugende Zahlen und wächst kräftig. Die Stahlsparte dagegen muss radikal schrumpfen und belastet den Konzern mit Millionenverlusten. Die Zahlen des abgelaufenen Jahres waren gemischt. Der Ausblick fällt enttäuschend aus. Die Charttechnik zeigt negative Divergenzen, lässt aber auch Spielraum nach oben. Für Anleger ist die Aktie derzeit kein zwingendes "Must have". Kurzfristig überwiegen die Belastungen durch den Stahlumbau. Mittelfristig könnte die starke Marine-Sparte dem Konzern aber neuen Schwung verleihen. Eine Kaufempfehlung ist die Aktie aktuell nicht. Wer bereits investiert ist, kann aber an Bord bleiben und auf die erfolgreiche Umsetzung der Sanierung hoffen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
Haftungsausschluss/Disclaimer
Die hier angebotenen Artikel dienen ausschließlich der Information und stellen keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen dar. Sie sind weder explizit noch implizit als Zusicherung einer bestimmten Kursentwicklung der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals und - je nach Art des Investments - sogar zu darüber hinausgehenden Verpflichtungen, bspw. Nachschusspflichten, führen können. Die Informationen ersetzen keine auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatung. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird weder ausdrücklich noch stillschweigend übernommen. Finanznachrichten.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinerlei Einfluss. Finanznachrichten.de hat bis zur Veröffentlichung der Artikel keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand der Artikel. Die Veröffentlichungen erfolgen durch externe Autoren bzw. Datenlieferanten. Infolgedessen können die Inhalte der Artikel auch nicht von Anlageinteressen von Finanznachrichten.de und/oder seinen Mitarbeitern oder Organen bestimmt sein.



