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Es war einmal der unaufhaltsame Aufstieg eines dänischen Pharma-Konzerns. Novo Nordisk schien mit der Abnehmspritze Wegovy den Jackpot geknackt zu haben. Millionen Menschen griffen zu dem Wundermittel, die Umsätze explodierten und die Aktie stieg in schwindelerregende Höhen. Doch was nach einer perfekten Erfolgsgeschichte aussah, entpuppt sich nun als Fast-Desaster. Der einstige Börsenstar kämpft heute mit Problemen, die niemand kommen sah. Lieferengpässe bremsen das Geschäft aus, billige Nachahmerpräparate drängen in den Markt und der neue Chef verhängt einen weltweiten Einstellungsstopp. Gleichzeitig bekommt das Unternehmen aber auch gute Nachrichten von der FDA. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, was bei Novo Nordisk abgeht und wohin die Reise gehen könnte.
Achterbahnfahrt
Novo Nordisk durchlebt gerade eine Achterbahnfahrt der besonderen Art. Binnen weniger Jahre verwandelte sich das Unternehmen von einem soliden Diabetes-Spezialisten in Europas wertvollstes Unternehmen - nur um dann wieder abzustürzen. Der Grund für beides trägt denselben Namen: Wegovy. Die Abnehmspritze machte Novo zunächst reich und berühmt. Binnen 6 Jahren verdoppelte sich die Belegschaft auf über 77.000 Mitarbeiter. Die Personalkosten stiegen auf knapp 10 Milliarden Dollar. Solange die Kasse stimmte, störte das niemanden. Doch die Party ist vorbei. Im Juli musste Novo seine Prognose zum zweiten Mal senken. Die Aktie verlor gute 30 Prozent an Wert, knapp 70 - 80 Milliarden Euro Börsenwert verschwanden in kurzer Zeit. Der neue Chef Maziar Mike Doustdar machte gleich am ersten Arbeitstag klar: "Ich werde alles überprüfen." Zwei Wochen später folgte der globale Einstellungsstopp für alle nicht-kritischen Bereiche. Das Problem liegt vor allem in den USA. Dort produzieren Apotheken wegen anhaltender Lieferengpässe inzwischen legal eigene Wegovy-Kopien. Über eine Million Patienten greifen zu diesen günstigeren Alternativen. Gleichzeitig macht Konkurrent Eli Lilly mit seinem Präparat Zepbound Druck. Novo verliert Marktanteile und die Kontrolle über sein wichtigstes Produkt.
Charttechnik
Charttechnisch präsentiert sich Novo Nordisk in einer höchst schwierigen Verfassung. Die Aktie befindet sich seit Monaten nahezu im freien Fall, auf alle Fälle aber im Abwärtstrend. Von den Höchstständen bei über 139,88 Euro aus Juli 2024 ist sie auf rund 48 Euro abgerutscht - ein grandioses Minus binnen von 13 Monaten. Die wichtigen gleitenden Durchschnitte wurden alle nach unten durchbrochen. Der Kurs notiert deutlich unter der 50-Tage-Linie und hat auch die 200-Tage-Linie hinter sich gelassen. Das ist ein klassisches Bärensignal. Die Unterstützung bei 45 Euro steht wohl abermals als nächstes auf dem Prüfstand. Das Handelsvolumen war während des Kursrutsches überdurchschnittlich hoch - ein Zeichen dafür, dass viele Anleger in Panik verkauft haben. Erst in den letzten Tagen stabilisiert sich das Papier etwas. Von einer echten Trendwende kann aber noch keine Rede sein. Die technischen Indikatoren stehen weiterhin auf Verkauf. Der RSI liegt zwar mit 38 wieder knapp über der Überverkauftzone, jedoch immer noch im unteren Bereich unterhalb von 50.
Lichtblick durch FDA-Zulassung
Nicht alles läuft aber schlecht bei Novo Nordisk. Die FDA hat Wegovy kürzlich auch zur Behandlung der schweren Lebererkrankung MASH zugelassen. Das eröffnet einen zusätzlichen Markt mit 22 Millionen potenziellen Patienten allein in den USA. Diese Diversifizierung kommt zur richtigen Zeit und zeigt, dass das Medikament noch Potenzial hat. Trotzdem bleibt das Grundproblem bestehen: Novo ist viel zu abhängig von einem einzigen Produkt. Die Pipeline muss dringend weitere Erfolge liefern, bevor die Konkurrenz endgültig davonzieht. Acht Forschungsprojekte wurden bereits gestrichen, um Kosten zu sparen. Das zeigt, wie ernst die Lage wirklich ist. Hinzu kommen rechtliche Probleme in Indien, wo der Generika-Hersteller Natco Pharma behauptet, seine Wegovy-Version verletze keine Patente. Verliert Novo diesen Rechtsstreit, droht weiterer Umsatzverlust in einem wichtigen Wachstumsmarkt.
Was tun?
Die fundamentalen Probleme sind real und werden sich nicht über Nacht lösen. Der Wettbewerbsdruck in den USA nimmt zu, die Abhängigkeit von Wegovy ist gefährlich hoch und die Kostenseite scheint außer Kontrolle geraten zu sein. Charttechnisch fehlen klare Kaufsignale. Die Aktie müsste erst einmal über die 50-Euro-Marke zurückkehren, um wieder Vertrauen zu schaffen. Aktuell deutet wenig auf eine schnelle Trendwende hin. Für konservative Anleger ist Novo Nordisk derzeit keine Empfehlung. Das Risiko weiterer Kursverluste ist zu hoch. Aktuell Finger weg!
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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