01.12.2025 -
Nach dem Ende des US Shutdowns haben sich die Anleger stärker auf die geldpolitischen Aussichten der US-Notenbank (Fed) konzentriert und weniger auf einzelne Probleme am Kreditmarkt. Grundsätzlich wirkt das Ende des 40-tägigen Blindflugs positiv auf unsere geldpolitischen Erwartungen und die Aussichten für die Märkte - allerdings mit einer Einschränkung: Der Fed stehen für ihre Sitzung im Dezember nur wenige neue Arbeitsmarktdaten zur Verfügung. Mehrere Mitglieder des Zentralbankvorstands haben daher bereits verlauten lassen, pragmatisch vorzugehen zu wollen und sich mehr Zeit zu nehmen, bevor sie einer weiteren Leitzinssenkung zustimmen.
Arbeitsmarkt und Fed: Beruhigende SignaleDie verfügbaren Daten sind insgesamt beruhigend: Der Arbeitsmarkt bleibt zwar schwach, hat sich während des Shutdowns jedoch nicht wesentlich verschlechtert. Sollte im Dezember keine Zinssenkung seitens der US-Notenbank erfolgen, erscheint eine solche im Januar umso wahrscheinlicher. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Fed zu Recht "nach Vorschrift" handelt, um ihre Glaubwürdigkeit sowie die des US-Dollars und des US-Staatsanleihemarktes zu wahren. Anleger sollten daher noch nicht davon ausgehen, dass die Fed von den drei kurzfristigen Zinssenkungen, die sie in ihrer Prognose vom September angekündigt hatte, Abstand nehmen wird.
Aktienmärkte und Anlegerpositionierung: Chancen nutzenWir haben unsere Aktienquote erhöht, da das aktuelle Umfeld weiterhin günstig für risikoreichere Märkte ist. Die Berichtssaison verlief auf beiden Seiten des Atlantiks erfolgreich, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Eine mögliche Lockerung der Geldpolitik durch die Fed wurde lediglich verschoben. Die wenigen verfügbaren makroökonomischen Daten, ergänzt durch alternative Informationen aus privaten Quellen, deuten nicht auf eine Abschwächung der Konjunktur hin. So liegt die "Nowcast"-Prognose der Fed von Atlanta für das US-BIP-Wachstum sogar bei fast vier Prozent auf Jahresbasis. In Europa haben sich die Umfragedaten trotz des anhaltenden Risikos eines schwierigen deflationären Umfelds in den größten Volkswirtschaften stabil gezeigt.
Neben den unterstützenden makroökonomischen Faktoren und der Geldpolitik der Zentralbanken betrachten wir auch die Anlegerpositionierung als zuträglich. Diskretionäre Investoren bleiben unter ihren langfristigen neutralen Aktienquoten, während sich die rückläufige Positionierung systematischer Anleger voraussichtlich vorteilhaft auswirken dürfte - denn letztere war zuvor insbesondere relativ betrachtet stark ausgereizt. Dennoch muss die marktübergreifende Volatilität kurzfristig abnehmen. Strukturell zeigt unser auf maschinellem Lernen basierendes Bull/Bear-Modell, dass wir uns weiterhin in einem Bullenmarkt befinden, der seit der Kehrtwende der US-Politik Ende April ununterbrochen anhält.
Obwohl sich dies nur schwer quantifizieren lässt, sind wir der Ansicht, dass die deutliche Korrektur des Bitcoin (-33 Prozent von Anfang Oktober bis Ende November) und anderer Krypto-Assets möglicherweise zu einer erhöhten Risikoaversion am Aktienmarkt beigetragen hat. Auch wenn institutionelle Anleger laut der Umfrage der Bank of America unter Fondsmanagern im November 2025 lediglich 0,4 Prozent ihrer Barmittel in Krypto-Assets investiert haben, die Exponierung von US-Privatanlegern ist deutlich höher. Das könnte auch erklären, warum die börsennotierten Märkte in den vergangenen Wochen ungewöhnlich wenig Unterstützung von den typischen Dip-Käufern aus dem Privatanlegerbereich erhalten haben. Beruhigend ist jedoch, dass die bei Privatanlegern beliebten "Momentum"-Aktien - also solche mit überdurchschnittlicher Kursentwicklung im Vergleich zum Gesamtmarkt - offenbar ihren Tiefpunkt erreicht haben, ähnlich wie bereits zu Jahresbeginn.
Unternehmensanleihen und KI: Stabilität und ZukunftspotenzialBei Unternehmensanleihen bleiben wir neutral (strukturell investiert), da wir unsere Risikokapazitäten vorrangig auf den Aktienbereich legen. Auffallend ist, wie widerstandsfähig sich der Markt für Unternehmensanleihen während der jüngsten Aktienmarktschwäche gezeigt hat - insbesondere vor dem Hintergrund, dass mehrere Emittenten und Banken unerwartete Verluste hinnehmen mussten. Die Werte von Credit Default Swaps für Emittenten mit Investment-Grade-Rating haben den Anstieg der Volatilität bisher gut abgefedert. Zudem haben wir einen deutlichen Anstieg von Unternehmensanleiheemissionen beobachtet, die Investitionen in die Infrastruktur für künstliche Intelligenz (KI) finanzieren sollen. Es erscheint jedoch fraglich, dass die kapitalstarken KI-Unternehmen die Ursache für die jüngste Marktbelastung und die erhöhte Risikoscheu sind, die zur Schwäche der Aktienmärkte beigetragen haben.
Die Kombination aus lockerer Geldpolitik, positivem Wirtschaftswachstum, steigenden Ausgaben für KI-Infrastruktur - und den damit verbundenen potenziellen Produktivitätsgewinnen - sowie anhaltenden fiskalischen Impulsen in Deutschland, Japan und China und robusten Unternehmensgewinnen dürfte bis 2026 ein insgesamt sehr unterstützendes Umfeld für Risikoanlagen schaffen.


